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Stellenkommentar GM II 3, KSA 5, S. 296 255

eine Analogie in der mythischen Strafe des germanischen Alterthums, dem Ver-
urtheilten einen Mühlstein aufs Haupt fallen zu lassen." (Post 1880-1881, 1,
191, vgl. Stingelin 1991, 402) 296, 25 f. legt dem Leser nahe, er müsse die „Sage"
mit dem Mühlstein auf dem Haupt des Schuldigen kennen; tatsächlich scheint
N. selbst darüber nicht mehr zu wissen, als bei Post steht, der wiederum auf
Grimm 1854, 695 verweist.
296, 26-28 das Rädern (die eigenste Erfindung und Spezialität des deutschen
Genius im Reich der Strafe!)] Vgl. Post 1880-1881, 1, 197 (hierzu Stingelin 1991,
405): „Dagegen scheint die Strafe des Rades, obgleich muthmasslich arischen
Ursprungs, eine Specialität der germanischen Stämme zu sein." Posts Autorität
ist wiederum Grimm 1854, 688. Auffällig ist, dass all das, was bei Post „germa-
nisch" heißt, in GM II 3 mit polemischer Spitze als „deutsch" etikettiert wird. -
obwohl in GM I 11 behauptet wurde, dass „zwischen alten Germanen und uns
Deutschen kaum eine Begriffs-, geschweige eine Blutsverwandtschaft besteht"
(276, 3-5).
296, 28 das Werfen mit dem Pfahle] Vgl. Post 1880-1881, 1, 194 (hierzu Stinge-
lin 1991, 403): „Die Ausführung der Strafe ist verschieden, indem zum Beispiel
im germanischen Alterthum der Pfahl geworfen oder dem Lebendigbegrabenen
durchs Herz getrieben wird, während bei den Kandiern der Verurtheilte auf
einen Pfahl gespiesst wird." Mit Randstrich markiert hat N. den folgenden Satz:
„Sollte nicht der Speer die Ursache der Strafe der Pfählung sein? Wird doch
der Pfahl im germanischen Alterthum noch geworfen." (Post 1880-1881, 1, 201,
N.s Unterstreichungen).
296, 28 f. das Zerreissen- oder Zertretenlassen durch Pferde (das „Viertheilen")]
Vgl. Post 1880-1881, 1, 191 f. (hierzu Stingelin 1991, 403): „Eine besondere Grup-
pe von Todesstrafen setzt sich aus dem Zerreissen und Zerhauen des Kör-
pers zusammen. / Bei den Araukanern wird der Verbrecher mit einem /192/
Strick am Halse am Pferdeschweife zu Tode geschleppt. Dem entspricht das
Anbinden einzelner Glieder des Missethäters an den Schweif eines wilden Ros-
ses oder das Zerreissen durch mehrere Pferde (Viertheilen), wie es im germani-
schen Alterthum und auch in Rom vorkommt." Das Post-Exzerpt NL 1883,
KSA 10, 8[5], 326, 17 f. unterscheidet „das Viertheilen durch Pferde, Zertreten
durch Pferde" noch klar voneinander, während die Kontraktion beider Prakti-
ken in 296, 28 f. den falschen Eindruck erweckt, es handle sich um dieselbe
Tötungsmethode. Zum Zertreten äußert sich Post 1880-1881, 1, 194 unter der
Überschrift „Tödtung durch Thiere": „Dies Zertreten durch Elephanten
findet sich auch bei den Kandiern auf Ceylon, bei den Indern. Dem correspon-
dirt das Zertreten durch Pferde im germanischen Alterthum."
 
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