408 Zur Genealogie der Moral
mit aller Macht seines Willens auf das Umgekehrte, nämlich auf höchste
Vergeistigung und Versinnlichung seiner Kunst aus gewesen war"
(342, 21-24). Früher habe Wagner im Gefolge Ludwig Feuerbachs einer Philoso-
phie der „,gesunden Sinnlichkeit'" (342, 27) gehuldigt. In den letzten Jahren
seines Lebens und seiner „ebenso unfreien als rathlosen Schriftstellerei" (342,
33 f.) verrate sich freilich ein gebrochener Wille, der sich vergeblich an christli-
cher Selbstverleugnung zu erbauen suche.
NW Wagner als Apostel der Keuschheit 3 ist die Wiederaufnahme von
GM III 3. Allerdings weicht die dortige Fassung am Ende signifikant von der
Vorlage ab, siehe NK 6/2, S. 772-774.
341, 24 f. „Einfalt vom Lande"] Die Einfalt vom Lande ist der Titel eines 1835
uraufgeführten und einst auf deutschen Bühnen sehr populären Lustspiels von
Karl Töpfer (1792-1871).
341, 26f. der von ihm mit so verfänglichen Mitteln schliesslich katholisch ge-
macht wird] „Der Parsifal W[agner]s war zu allererst= und anfänglichst eine
rGeschmacks=' Condescendenz / W[agner]s zu den katholischen Instinkten sei-
nes Weibes, rder Tochter Liszt's'" (KGW IX 7, W II 3, 190, 9-12 = NL 1887/88,
KSA 13, 11[27], 16, 11-14).
341, 30-342, 2 gleichsam als Schlussstück und Satyrdrama, mit dem der Tragi-
ker Wagner auf eine gerade ihm gebührende und würdige Weise von uns, auch
von sich, vor Allem von der Tragödie habe Abschied nehmen wollen] Damit
wird auf die Aufführungspraxis im antiken Athen angespielt, die NL 1869,
KSA 7, l[109], 42, 30-43, 11 wie folgt beschreibt: „In der Blüthezeit Brauch, daß
an den großen Dionysien (am Hauptfeste der dramatischen Aufführungen) von
jedem Tragiker vier Dramen zur Aufführung kamen, drei Tragödien, ein Satyr-
drama, während die Komödiendichter nur mit einem auftraten. Solche Listen
sind uns mehrfach noch erhalten: zufällig nicht von Sophokles. Bei Euripides
findet unter den Stücken kein Zusammenhang statt. Dagegen ausnahmslos bei
Aeschylus. Orestie. Herstellung der Tetralogie. Aeschylus wählte also einen
mythologischen Stoff, theilte ihn in vier Theile, drei Bilder tragisch-ernster Fär-
bung, eine heitere Seite desselben Stoffes. Die dramatische Bewegung durch
die Aufeinanderfolge der Dramen hergestellt: drei Akte. Das Satyrdrama Forde-
rung des dionysischen Kultes." (In NK KSA 5, 99, 10-12 ist nachgewiesen, dass
es sich bei dieser Aufzeichnung um ein Exzerpt aus Rudolf Westphals Prolego-
mena zu Aeschylus Tragödien handelt: Westphal 1869, 1 u. 5).
342, 13 f. was würde der ernstgemeinte Parsifal sein?] Dieter Schellong
stellt gegen den Chor der Parsifal-Bewunderer von Hans Küng bis Hans Mayer
heraus, dass die Kritik in GM und NW in den asketisch -mitleidsethischen Kern
mit aller Macht seines Willens auf das Umgekehrte, nämlich auf höchste
Vergeistigung und Versinnlichung seiner Kunst aus gewesen war"
(342, 21-24). Früher habe Wagner im Gefolge Ludwig Feuerbachs einer Philoso-
phie der „,gesunden Sinnlichkeit'" (342, 27) gehuldigt. In den letzten Jahren
seines Lebens und seiner „ebenso unfreien als rathlosen Schriftstellerei" (342,
33 f.) verrate sich freilich ein gebrochener Wille, der sich vergeblich an christli-
cher Selbstverleugnung zu erbauen suche.
NW Wagner als Apostel der Keuschheit 3 ist die Wiederaufnahme von
GM III 3. Allerdings weicht die dortige Fassung am Ende signifikant von der
Vorlage ab, siehe NK 6/2, S. 772-774.
341, 24 f. „Einfalt vom Lande"] Die Einfalt vom Lande ist der Titel eines 1835
uraufgeführten und einst auf deutschen Bühnen sehr populären Lustspiels von
Karl Töpfer (1792-1871).
341, 26f. der von ihm mit so verfänglichen Mitteln schliesslich katholisch ge-
macht wird] „Der Parsifal W[agner]s war zu allererst= und anfänglichst eine
rGeschmacks=' Condescendenz / W[agner]s zu den katholischen Instinkten sei-
nes Weibes, rder Tochter Liszt's'" (KGW IX 7, W II 3, 190, 9-12 = NL 1887/88,
KSA 13, 11[27], 16, 11-14).
341, 30-342, 2 gleichsam als Schlussstück und Satyrdrama, mit dem der Tragi-
ker Wagner auf eine gerade ihm gebührende und würdige Weise von uns, auch
von sich, vor Allem von der Tragödie habe Abschied nehmen wollen] Damit
wird auf die Aufführungspraxis im antiken Athen angespielt, die NL 1869,
KSA 7, l[109], 42, 30-43, 11 wie folgt beschreibt: „In der Blüthezeit Brauch, daß
an den großen Dionysien (am Hauptfeste der dramatischen Aufführungen) von
jedem Tragiker vier Dramen zur Aufführung kamen, drei Tragödien, ein Satyr-
drama, während die Komödiendichter nur mit einem auftraten. Solche Listen
sind uns mehrfach noch erhalten: zufällig nicht von Sophokles. Bei Euripides
findet unter den Stücken kein Zusammenhang statt. Dagegen ausnahmslos bei
Aeschylus. Orestie. Herstellung der Tetralogie. Aeschylus wählte also einen
mythologischen Stoff, theilte ihn in vier Theile, drei Bilder tragisch-ernster Fär-
bung, eine heitere Seite desselben Stoffes. Die dramatische Bewegung durch
die Aufeinanderfolge der Dramen hergestellt: drei Akte. Das Satyrdrama Forde-
rung des dionysischen Kultes." (In NK KSA 5, 99, 10-12 ist nachgewiesen, dass
es sich bei dieser Aufzeichnung um ein Exzerpt aus Rudolf Westphals Prolego-
mena zu Aeschylus Tragödien handelt: Westphal 1869, 1 u. 5).
342, 13 f. was würde der ernstgemeinte Parsifal sein?] Dieter Schellong
stellt gegen den Chor der Parsifal-Bewunderer von Hans Küng bis Hans Mayer
heraus, dass die Kritik in GM und NW in den asketisch -mitleidsethischen Kern