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Stellenkommentar GM III 4, KSA 5, S. 343-344 415

keit" (GSA 71/27,2, fol. 5r). N. scheint dies bei der Fahnenkorrektur geändert zu
haben.
343, 23 f. eine Art intellektueller Perversität (wenn man mir das Wort nachse-
hen will)] N. hat das Substantiv „Perversität" - „Verkehrtheit, Verderbtheit"
(Meyer 1885-1892, 12, 897) - nur noch ein einziges Mal in einem seiner publi-
zierten Werke verwendet, und zwar in einem Zitat in GT Versuch einer Selbst-
kritik 5 von 1886, wo er rückblickend seinem philosophischen Erstling „einen
Geist" attestiert, der sich „gegen die moralische Ausdeutung und Bedeut-
samkeit des Daseins zur Wehre setzen wird", und damit genau jene immoralis-
tische Haltung, „jene ,Perversität der Gesinnung' [...], gegen welche Schopen-
hauer nicht müde geworden ist, im Voraus seine zornigsten Flüche und
Donnerkeile zu schleudern" (KSA 1, 17, 25-32). Die fragliche Stelle aus Schopen-
hauers Parerga und Paralipomena (II 8: Zur Ethik § 110), die in N.s Exemplar
mit Eselsohr markiert ist, lautet: „Daß die Welt bloß eine physische, keine mo-
ralische, Bedeutung habe, ist der grösste, der verderblichste, der fundamentale
Irrthum, die eigentliche Perversität der Gesinnung, und ist wohl im Grunde
auch Das, was der Glaube als den Antichrist personificirt hat." (Schopenhauer
1873-1874, 6, 215, vgl. NK KSA 6, 165, I f. u. zu einer Schopenhauer-Parallelstel-
le NK KSA 1, 17, 29-32). N. identifiziert die Position des in GT und erst recht in
seinen Spätschriften Sprechenden also gerade mit dem, was für Schopenhauer
als „Perversität der Gesinnung" gilt, und positiviert damit den negativen Be-
griff. Im Blick auf Wagner als Parsifal-Schöpfer negativiert N. erneut den von
ihm im Vorjahr umgeprägten Begriff - daher für die Kenner und Leser von
GT Versuch einer Selbstkritik die Bitte um Nachsicht im Klammereinschub.
343, 29 f. aus psychologischer contiguity, mit den Engländern zu reden] Dem
dank David Humes Treatise of Human Nature bekannt gewordenen Begriff der
„contiguity" ist N. insbesondere in Afrikan Spirs Denken und Wirklichkeit be-
gegnet (vgl. Thatcher 1989, 593 f. u. Nietzsche 1998, 151; einen Vergleich von
N.s und Humes genealogischen Verfahrensweisen stellt Hoy 1994 an). „Es gibt
bekanntlich zwei Grundgesetze der Association: 1) Nach der Aehnlichheit des
vorgestellten Inhalts und 2) nach dem öfteren Zusammenvorkommen (was die
Engländer Contiguity nennen) desselben." (Spir 1877, 1, 76. Markierung von N.s
Hand auf derselben Seite. Vgl. ebd., 2, 62 u. 215).
344, 1-3 ein Homer hätte keinen Achill, ein Goethe keinen Faust gedichtet, wenn
Homer ein Achill und wenn Goethe ein Faust gewesen wäre] Mit der Betonung
der Differenz zwischen Autor und fiktiver Figur greift GM III 4 ein Motiv aus
MA I 211 auf, das dort ebenfalls an Homer und Achill exemplifiziert wird, ohne
dass Goethe und Faust schon herhalten müssten, auch wenn sie es angesichts
der Eingangsgeneralisierung durchaus könnten: „Es ist immer wie zwischen
 
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