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Stellenkommentar GM III 12, KSA 5, S. 364-365 471

machen weiss] Vgl. NK KSA 5, 231, 23-25 u. MA I Vorrede 6, KSA 2, 20, 16-21:
„Du solltest das Perspektivische in jeder Werthschätzung begreifen lernen —
die Verschiebung, Verzerrung und scheinbare Teleologie der Horizonte und
was Alles zum Perspektivischen gehört; auch das Stück Dummheit in Bezug
auf entgegengesetzte Werthe und die ganze intellektuelle Einbusse, mit der
sich jedes Für, jedes Wider bezahlt macht." Zur imperativischen Form Dellinger
2017, 48-50, der betont, dass diesem imperativischen Insistieren eine „Art
züchtende, formierende Funktion zukomme[.], mittels derer der seinerseits per-
spektivisch interessierte Sprecher den Entwicklungsgang der Figuren der ,Er-
kennenden' und des ,freien Geistes' vorantreibt" (ebd., 50). Explizit umgesetzt
wird das Perspektivenaustauschpostulat in GM III 17, vgl. NK 377, 18-21. Vor
dem Hintergrund des Identitätsbegriffes bei Afrikan Spir gibt Guerreschi 2018
eine begrifflich elaborierte Interpretation von 364, 31-365, 1.
365, 3 f. „reines, willenloses, schmerzloses, zeitloses Subjekt der Erkenntniss"]
Das ist ein Zitat aus Schopenhauers Die Welt als Wille und Vorstellung: „Wenn
man, durch die Kraft des Geistes gehoben, die gewöhnliche Betrachtungsart
der Dinge fahren läßt, aufhört, nur ihren Relationen zu einander, deren letztes
Ziel immer die Relation zum eigenen Willen ist, am Leitfaden der Gestaltungen
des Satzes vom Grunde, nachzugehen, also nicht mehr das Wo, das Wann, das
Warum und das Wozu an den Dingen betrachtet; sondern einzig und allein das
Was; auch nicht das abstrakte Denken, die Begriffe der Vernunft, das Bewußt-
sein einnehmen läßt; sondern, statt alles diesen, die ganze Macht seines Geis-
tes der Anschauung hingiebt, sich ganz in diese versenkt und das ganze Be-
wußtseyn ausfüllen läßt durch die ruhige Kontemplation des gerade gegenwär-
tigen natürlichen Gegenstandes, sei es eine Landschaft, ein Baum, ein Fels, ein
Gebäude oder was auch immer; indem man, nach einer sinnvollen Deutschen
Redensart, sich gänzlich in diesen Gegenstand verliert, d. h. eben sein Indi-
viduum, seinen Willen, vergißt und nur noch als reines Subjekt, als klarer Spie-
gel des Objekts bestehend bleibt; so daß es ist, als ob der Gegenstand allein
da wäre, ohne Jemanden, der ihn wahrnimmt, und man also nicht mehr den
Anschauenden von der Anschauung trennen kann, sondern beide Eines gewor-
den sind, indem das ganze Bewußtseyn von einem einzigen anschaulichen Bil-
de gänzlich gefüllt und eingenommen ist; wenn also solchermaaßen das Ob-
jekt aus aller Relation zu etwas außer ihm, das Subjekt aus aller Relation zum
Willen getreten ist: dann ist, was also erkannt wird, nicht mehr das einzelne
Ding als solches; sondern es ist die Idee, die ewige Form, die unmittelbare
Objektität des Willens auf dieser Stufe: und eben dadurch ist zugleich der in
dieser Anschauung Begriffene nicht mehr Individuum: denn das Individuum
hat sich eben in solche Anschauung verloren: sondern er ist reines, willenlo-
ses, schmerzloses, zeitloses /211/ Subjekt der Erkenntniß." (Schopen-
 
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