Stellenkommentar GM III 21, KSA 5, S. 390-391 547
hem therapeutischem Ansehen standen. Sie wirken nach GM III 21 nur vorüber-
gehend lindernd, weil sie das Leiden vergessen machen, helfen den Kranken
aber nicht über das Leiden hinweg. Vielmehr wird gemäß der Exposition dieses
Abschnitts das Leiden nach den ekstatischen Zuständen umso stärker fühlbar
sein und die Betroffenen der priesterlichen Fürsorge bedürftig machen. Immer-
hin konkretisiert GM III 21, was bis dahin historisch reichlich unkonkret geblie-
ben ist. Aber historisch lässt sich nur schwer zeigen, wo und wie im Inneren
der Wurm des bösen Gewissens nagt, so dass die Beispiele aus dem Feld der
äußeren Triebabfuhr genommen werden müssen, die sich als Symptome dieses
Nagens deuten lassen.
391, 10-15 Will man damit ausdrücken, ein solches System von Behandlung
habe den Menschen verbessert, so widerspreche ich nicht: nur dass ich hinzu-
füge, was bei mir „verbessert" heisst — ebenso viel wie „gezähmt", „ge-
schwächt", „entmuthigt", „raffinirt", „verzärtlicht", „entmannt" (also beinahe so
viel als geschädigt...)] Das führt GD Die „Verbesserer" der Menschheit breit
aus, KSA 6, 98-102, vgl. NK 6/1, S. 357-373.
391, 21 Erlösungskrämpfen] Die „Erlösungskrämpfe", die bei N. nur hier belegt
sind, stellen wohl eine Variante der öfter wiederkehrenden „Busskrämpfe" dar,
vgl. z. B. NK KSA 6, 374, 10-12. Entsprechende Krämpfe sind N. in seinen Lektü-
ren häufiger begegnet, z. B. in Leckys Entstehungsgeschichte und Charakteristik
des Methodismus: „Es wurden indess andere Beschuldigungen gegen die Me-
thodisten vorgebracht, die weit mehr Grund hatten. Ein niederschmetternderes
System des religiösen Terrorismus, ein System, das geeigneter ist, einen schwa-
chen Verstand vollends aus den Fugen zu bringen, und eine sensitive Natur zu
verdüstern und zu verbittern, hat es selten gegeben. Der Methodist hatte es bei
seinem Predigen besonders auf die Nerven abgesehen. Sein Lieblingssatz war,
dass, nach christlichem Glauben, ein harmloses und nützliches Leben, Ortho-
doxie, und eine beständige Beobachtung der religiösen Ordnungen, sämmtlich
unfähig seien, die Menschen vor ewiger Qual zu retten. Mit dem leidenschaft-
lichsten Ton und Gestus, mit jeglichem Kunstgriff, der die dramatische Wir-
kung seiner Worte erhöhen konnte, verbreitete er sich über die Gewissheit des
Todes, über die Schrecken des Gerichts, über die nicht absterbende Pein der
Hölle, über den verlorenen Zustand der Menschheit. Das waren fast immer die
Themata seiner Predigt, und er verweilte dabei, bis er seine Hörer an den Rand
des Wahnsinns gehetzt, und ein nervöses Contagium erzeugt hatte, das sich
rasch durch die Gemeinde verbreitete. Viele sah man in Krämpfen, die der Pa-
roxysmus der Angst hervorrief, zu Boden fallen" (Lecky 1880, 67, vgl. NK 332,
34, ferner Lecky 1879, 2, 92).
391, 25-30 Ein zerrüttetes Nervensystem, hinzu zu dem, was sonst schon krank
war; und das im Grössten wie im Kleinsten, bei Einzelnen wie bei Massen. Wir
hem therapeutischem Ansehen standen. Sie wirken nach GM III 21 nur vorüber-
gehend lindernd, weil sie das Leiden vergessen machen, helfen den Kranken
aber nicht über das Leiden hinweg. Vielmehr wird gemäß der Exposition dieses
Abschnitts das Leiden nach den ekstatischen Zuständen umso stärker fühlbar
sein und die Betroffenen der priesterlichen Fürsorge bedürftig machen. Immer-
hin konkretisiert GM III 21, was bis dahin historisch reichlich unkonkret geblie-
ben ist. Aber historisch lässt sich nur schwer zeigen, wo und wie im Inneren
der Wurm des bösen Gewissens nagt, so dass die Beispiele aus dem Feld der
äußeren Triebabfuhr genommen werden müssen, die sich als Symptome dieses
Nagens deuten lassen.
391, 10-15 Will man damit ausdrücken, ein solches System von Behandlung
habe den Menschen verbessert, so widerspreche ich nicht: nur dass ich hinzu-
füge, was bei mir „verbessert" heisst — ebenso viel wie „gezähmt", „ge-
schwächt", „entmuthigt", „raffinirt", „verzärtlicht", „entmannt" (also beinahe so
viel als geschädigt...)] Das führt GD Die „Verbesserer" der Menschheit breit
aus, KSA 6, 98-102, vgl. NK 6/1, S. 357-373.
391, 21 Erlösungskrämpfen] Die „Erlösungskrämpfe", die bei N. nur hier belegt
sind, stellen wohl eine Variante der öfter wiederkehrenden „Busskrämpfe" dar,
vgl. z. B. NK KSA 6, 374, 10-12. Entsprechende Krämpfe sind N. in seinen Lektü-
ren häufiger begegnet, z. B. in Leckys Entstehungsgeschichte und Charakteristik
des Methodismus: „Es wurden indess andere Beschuldigungen gegen die Me-
thodisten vorgebracht, die weit mehr Grund hatten. Ein niederschmetternderes
System des religiösen Terrorismus, ein System, das geeigneter ist, einen schwa-
chen Verstand vollends aus den Fugen zu bringen, und eine sensitive Natur zu
verdüstern und zu verbittern, hat es selten gegeben. Der Methodist hatte es bei
seinem Predigen besonders auf die Nerven abgesehen. Sein Lieblingssatz war,
dass, nach christlichem Glauben, ein harmloses und nützliches Leben, Ortho-
doxie, und eine beständige Beobachtung der religiösen Ordnungen, sämmtlich
unfähig seien, die Menschen vor ewiger Qual zu retten. Mit dem leidenschaft-
lichsten Ton und Gestus, mit jeglichem Kunstgriff, der die dramatische Wir-
kung seiner Worte erhöhen konnte, verbreitete er sich über die Gewissheit des
Todes, über die Schrecken des Gerichts, über die nicht absterbende Pein der
Hölle, über den verlorenen Zustand der Menschheit. Das waren fast immer die
Themata seiner Predigt, und er verweilte dabei, bis er seine Hörer an den Rand
des Wahnsinns gehetzt, und ein nervöses Contagium erzeugt hatte, das sich
rasch durch die Gemeinde verbreitete. Viele sah man in Krämpfen, die der Pa-
roxysmus der Angst hervorrief, zu Boden fallen" (Lecky 1880, 67, vgl. NK 332,
34, ferner Lecky 1879, 2, 92).
391, 25-30 Ein zerrüttetes Nervensystem, hinzu zu dem, was sonst schon krank
war; und das im Grössten wie im Kleinsten, bei Einzelnen wie bei Massen. Wir