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Jost, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 13. Abhandlung): Elektrische Potentialdifferenzen an der Einzelzelle — Berlin, Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.43541#0004
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Ludwig Jost,

Zelle die gleichen Potentialdiff erenzen auf treten können, wie an einem
ganzen Apfel, einem Muskel, einem Nerven. In der Tat basieren denn
auch die so anschaulichen Schemata Tschermaks z. T. auf der Einzel-
zelle (Tschermak 1924, Fig. 16A). Das semipermeable Plasma einer Zelle
läßt positive Ionen durchtreten, negative nicht oder weniger, und so
kommt es zu einem Potentialsprung. Wenn Tschermak z. B. S. 600
schreibt: „Hier sei nur daran erinnert, daß sich lädiertes, abgestorbenes
Protoplasma, so der Querschnitt einer tierischen oder pflanz-
lichen Zelle oder Faser äußerlich negativ verhält zu dieser ruhenden
intakten Partie“, so klingt das, als ob ihm Beobachtungen an Einzel-
zellen vorgelegen hätten, und in der Tat hat er — wie ich auf Grund
mündlicher Mitteilungen weiß —an einer geeigneten tierischen Eizelle
entsprechende Erfahrungen gesammelt, die bisher nicht publiziert sind.
Veröffentlichungen über elektrische Potentiale an Einzelzellen scheinen
aber überhaupt nur ganz wenige vorzuliegen. Zwar findet sich in Nagels
Handbuch Bd. 4, S. 664 in dem Abschnitt über „Protoplasmabewegung“
von Weiss der Satz: „Demarkationsströme sind schon sehr frühzeitig
an verletzten Zellen beobachtet worden (Matteucci, Buff, Hermann)“ ;
sieht man aber bei den genannten Autoren nach, so zeigt sich, daß sie
immer mit einer Vielzahl von Zellen, einem Zellgewebe operiert haben,
und von der „Zelle“ nur in dem Sinne gesprochen wird, als eben nicht
Muskeln oder Nerven, sondern typische Pflanzenzellen zu den Ver-
suchen dienten. —Auch Höber (1926, S. 732) betont, daß die Plasma-
haut der Sitz der elektromotorischen Kräfte sei, aber ein Beispiel da-
für, daß solche Kräfte an einer einzelnen Zelle nachgewiesen seien,
führt er nicht an. Bei anderen Autoren findet sich die Bemerkung,
daß das auch nicht möglich sei, weil die Zellen zu klein seien.1) Meines
Wissens die einzigen in der Literatur erwähnten Versuche, an einer
Einzelzelle elektrische Potentialdifferenz nachzuweisen, stammen von
Haake, Hörmann und Osterhout. Haake (1892, S. 479) hat in seiner
Abhandlung über die Ursachen elektrischer Ströme in Pflanzen einen
besonderen kleinen Abschnitt den „Versuchen an einzelnen Zellen“ ge-
widmet. Er zeigt hier, daß an der Internodialzelle von Nitella Potential-
differenzen existieren und daß durch Chloroformdämpfe Störungen des
elektrischen Gleichgewichts erfolgen. Hörmann (1898) hat gleichfalls mit
Nitella gearbeitet. Er hat eine lange Internodialzelle durch Gleichstrom
elektrisch an einem Ende gereizt und sah dann die benachbarten un-
gereizten Teile derselben negativ werden gegenüber den noch weiter
von der Reizstelle entfernten. Osterhout (1925) hat in die große Zelle

T) So äußert sich z. B. Verworn 1901, S. 277 und Brünings 1903, S. 250.
 
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