Metadaten

Jost, Ludwig; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 13. Abhandlung): Elektrische Potentialdifferenzen an der Einzelzelle — Berlin, Leipzig, 1927

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43541#0024
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
24

Ludwig Jost,

wie bei den Einstichversuchen. Dabei wird ja das Testierende Plasma
durch Abtrennen der Spitze nicht sichtbar geschädigt und, wie Klemm
gezeigt hat, kann vollkommene Heilung solcher großen Schnittwunden
eintreten, indem sich zuerst das Plasma lückenlos zusammenschließt
und später auch noch eine Membran ausscheidet.
Auch ein Kochen der Spitze oder ein Ansengen mit glühender
Nadel führte keine Negativität herbei.
Alle Eingriffe also, die bei Chara so leicht Potentialdifferenzen er-
zeugen, sind bei Valonia so gut wie vollkommen wirkungslos. Da beide
Zellen im Prinzip gleichen Bau haben, mußte die Ursache ihres so ver-
schiedenen Verhaltens anderswo gesucht werden. Aller Wahrschein-
lichkeit nach lag sie darin, daß die Zellhaut der Valonia von gut leiten-
dem Meerwasser, die der Chara von schlechter leitendem Leitungswasser
durchtränkt war. So mußte auch, wenn die gleiche Potentialdifferenz
an den Zellenden gegeben war, sich diese nur zum kleinsten Teil im
Elektrometer nachweisen lassen, weil durch die Zellmembran hindurch
ein Nebenschluß erfolgte. Dementsprechend zeigte sich denn auch
bei Verwendung anderer Meeresalgen ebenfalls ein Ausbleiben des Kon-
zentrationseffektes. Bei Gracillaria confervoides war zwar bei Kon-
zentrationsversuchen ein etwas größerer Ausschlag zu messen, bei Ulva
gar keiner.
Es wurde nun versucht, die Salze aus der Membran auszuspülen.
Die Zellen blieben über Nacht in einer Schale mit 1.0 mol Harnstoff.
Am nächsten Morgen kamen sie auf der einen Seite mit gewöhnlichem
Meerwasser, auf der andern mit stark verdünntem Meerwasser (etwa 1 %)
in Berührung — jetzt wurde in vier Fällen von fünf die konzentrierte
Seite negativ gefunden und gab Werte von —18, —18, —18, —22 MVolt.
In einem Fall, der nicht aufgeklärt ist, wurde freilich -f- 16 MVolt ge-
funden.1) Zucker statt Harnstoff gab schlechte Resultate; Valonia litt
in Rohrzuckerlösungen viel mehr als in Harnstoff, auch nachdem das
destillierte, offenkundig giftige Wasser durch doppeltdestilliertes und
durch Leitungswasser ersetzt worden war.
Die Versuche mit dem Salzeffekt blieben aber auch an solchen
Zellen unsicher. Einige Male wurde freilich zwischen gleichkonzentrierter
NaCl- und KCl-Lösung die Na-Seite deutlich positiv (ff- 18, -j- 3, -f- 10,
-f- 8 MVolt), in andern aber trat auch das umgekehrte Resultat auf,
und manchmal zeigte sich schon primär an solchen Zellen eine Potential-
diff erenz. Auch Harnstoff ist eben schädlich für die Zelle und führt
bei längerer Einwirkung zum Tod, bei kürzerer treten leicht Potential-

) Vgl. Anm. 1 S. 13.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften