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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0003
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Geleitwort
zur nachstehenden Abhandlung von Ernst Marx

Das Erscheinen einer historischen Untersuchung unter den Ab-
handlungen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse der
Akademie kann eine Rechtfertigung erwünscht machen, die dem
von seinem Gegenstand ganz erfüllten Autor selbst vielleicht un-
nötig scheint, ihm aber auch garnicht liegen würde. Ich über-
nehme diese Aufgabe, indem ich die Frage aufwerfe, ob die Ge-
schichte der Naturwissenschaft eine Aufgabe der Geschichtsfor-
schung oder der Naturforschung sei. Es handelt sich nicht darum,
ob der Autor besser ein Historiker oder ein Naturforscher sein
würde, sondern ob diese Betrachtung und Forschung, ihrem Wesen
nach, aus den Voraussetzungen des historischen oder des natur-
wissenschaftlichen Standpunktes erfolgen müsse.
Der Aufbau einer Geschichte der Naturwissenschaften aus
geisteswissenschaftlichen Denkweisen heraus ist oft versucht wor-
den. Der Neukantianismus schuf die Erkenntnistheorie dafür; alle
großen Historiker und Denker der Geistesgeschichte pflegen die
Naturforschung als Teil der Geschichte des Denkens und Er-
kennens zu behandeln. — Aber die Naturwissenschaften selbst
sind kein Teil der Geisteswissenschaften. Und wenn Geschichte
eine Geisteswissenschaft ist, so bleibt fragwürdig, ob sie die Na-
turwissenschaft überhaupt erfassen kann.
Das Dilemma würde sich lösen, wenn wir uns darüber ver-
ständigen, daß die geschichtliche Besinnung der Wissen-
schaften auf sich selbst im Grunde gar nicht zur Geschichts-
forschung gehört. Das ist der Fall, wenn sie etwas Besonderes,
Drittes ist, was sowohl der Historiker wie der Naturforscher in
Sonderstellung vollzieht, — dann nämlich, wenn er nicht seinen
Gegenstand, sondern seine Tätigkeit, damit sogar sich selbst in
dieser Tätigkeit zu erkennen sucht. Dann nämlich wäre dies eine
Art der Selbsterkenntnis und so eine Aufgabe für sich.
Eine Selbsterkenntnis der Wissenschaft rückt dann in den Be-
reich der Selbsterkenntnis des Menschen überhaupt; und die ist
 
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