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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0037
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Entwicklung der Reflexlehre
zu verstehen gewesen war, diese Bedeutung verlor und als Über-
gang des Äußeren in das Innere gleichsam reibungslos vor sich
ging. Die um die gleiche Zeit einsetzende starke Wirkung der
Elektrizitätslehre diente zum Anschaulichmachen der nervösen
Vorgänge, aber in der Form elektrischer Apparate. Wie ganz
anders in der romantischen Medizin, wo die Plus- und Minus-
Polarität der Elektrizität als ein Paradigma der Natur im Ganzen
verstanden worden war.
Ich habe vorher schon erwähnt, daß die mechanisierte Nerven-
physiologie immer wieder aufgefangen wurde. Der „Reflex“
wurde der Ausdruck für ihre Mechanisierung, und um den Re-
flex setzten immer wieder scharfe Auseinandersetzungen ein.
Pierre Flourens und Georges Cuvier.
Flourens gibt in seinen Berichten an die Akademie, die als
Buch kurz danach erschienen, das Muster exakter Untersuchungen
am empfindlichsten Teil des menschlichen Körpers, dem Nerven-
system, und das Muster exakter Erkennung des Gesehenen. Er
hat seine Versuchstiere operiert und es fertig gebracht, sie so-
lange am Leben zu halten, wie er sie nötig hatte; er hat es er-
reicht, daß sie wie vollkommene Tiere gehalten werden konnten,
die dann an ihrem unterschiedlichen Verhalten zu ganz gesunden
verrieten, welche Funktionen in ihnen verloren gegangen waren.
Er hatte das ganze Nervensystem als sein Arbeitsgebiet sich aus-
ersehen und ist es Teil für Teil durchgegangen. Er beschreibt die
Versuchsergebnisse in gedrängter Form, stellt zusammen und
zieht Schlüsse unter wiederholter Kontrolle gleicher Versuche an
anderen Tierpn der gleichen Klasse und anderer Klassen. Der
Gebrauch der Termini, mit denen er das Erkannte belegte, ist
ihm, weil er den Anschluß an die vorhandene Terminologie nicht
aufgab, nicht von vornherein geglückt, das heißt aber nicht, daß
er Erkanntes falsch bezeichnet hätte; es fehlte nur noch die Aus-
schaltung jeder nur denkbaren Verwechslung. Da hat Cuvier, sein
Referent bei der Akademie, eingegriffen und Anregungen ge-
geben: „. . . wenn man es nötig hat, eine neue Vorstellung zu
bezeichnen, so wäre es immer besser, einen neuen Kunstaus-
druck zu erfinden, als auf (solche) Art einen alten zu verdrehen“.
Flourens wirkt wie ein Vorbild im Didaktischen, sowohl bei der
Untersuchung wie bei der Erkennung der Tatsachen, und Cuvier
 
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