Metadaten

Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0042
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
42

Ernst Marx:

riges Wesen an; es kann nicht mehr über sich selbst verfügen.
Es überläßt sich keiner selbsteigen gewählten Bewegung mehr.
Aber wenn man es stößt und reizt, so zeigt es noch das Be-
nehmen eines eben aufwachenden Tieres. In welche Lage man
es auch bringt, es sucht wieder das Gleichgewicht. Legt man es
auf den Rücken, so steht es auf Man wird ohne Zweifel
Mühe haben, um zu glauben, daß alle diese Handlungen, ohne
durch Empfindungen bedingt zu sein, stattfinden sollten. Wahr ist
es freilich, daß sie nicht überlegt sind. Das Tier entzieht sich ohne
Zweck. Es hat kein Gedächtnis mehr. (Dieser Satz von Cuvier
muß viel später noch einmal erwähnt werden.) Es stößt sich zu
wiederholten Malen gegen denselben Gegenstand. Aber alles dies
beweist nichts als höchstens, und so lauten die Worte des Herrn
Flourens, daß ein solches Tier in einem schlafähnlichen Zustand
ist. Es handelt gleich einem Menschen, welcher schläft. Allein wir
sind weit von der Meinung entfernt, daß ein Mensch, welcher
schläft, sich im Schlafe bewegt und in eine bequeme Lage bringt,
durchaus der Empfindung beraubt sei. Daraus, daß er keine deut-
liche Vorstellung bekommt, daß ihm das Gedächtnis dabei fehlt,
folgt nicht, daß er sie beide nicht besessen habe. Statt also mit
dem Verfasser zu sagen, die Gehirnlappen seien das einzige Organ
der Empfindungen, würden wir uns bloß auf die beobachteten
Tatsachen beschränken und zu sagen begnügen, daß diese Ge-
hirnlappen der einzige Zentralpunkt seien, wo die Empfindungen
des Gesichts und Gehörs aufgenommen und dem Tier wahrnehm-
bar gemacht werden. Wollten wir zu dieser Bestimmung noch
etwas beifügen, so würden wir sagen, daß sie auch der Punkt
wären, wo alle Empfindungen eine bestimmte Gestalt annehmen
und dauerhafte Spuren und Rückerinnerungen zurücklassen; daß
sie also mit Einem Wort der Sitz des Gedächtnisses seien, eine
Kraft, mittels welcher sie dem Tiere Stoff zu seinen Urteilen
geben. Dieser in seinen gehörigen Schranken gehaltene Schluß
usw. usw.“ (Auch diese Sätze von Cuvier müssen später noch
verwertet werden.) — „Wenn die Lappen des ersteren (des
großen Gehirns) weggenommen werden, zeigt sich der Wille nicht
mehr in freien Äußerungen. Wenn indessen das Tier unmittelbar
gereizt wird, so macht es Bewegungen zu regelmäßigen Orts-
veränderungen, als suche es dem Schmerz und Mißbehagen zu
entgehen. Aber diese Bewegungen leiten es nicht zum Ziel, usw.
usw.“ — „Übrigens dauert die Reizbarkeit der Teile noch lange
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften