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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0090
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Ernst Marx :

in die sensiblen Nerven“ angenommen werden. Wir konstatieren:
die Reizbarkeit wirkt in alle Nerven zentrifugal; das widerstrebt
aber Johannes Müller’s Anschauung von der nur in eine Rich-
tung gehenden Wirkung des Nervenprinzips in gewissen Nerven,
also z. B. in den sensiblen Nerven nur in zentripetaler Richtung.
Wir fragen: warum sollen nicht Wirkungen verschiedener „Prin-
zipien“ (ich suche nach einem ganz allgemeinen Ausdruck!) durch
ein organisches Medium in verschiedener Richtung laufen können?
— Seine Frage in diesem Kapitel lautet: entweder qualitativ ver-
schiedene Kräfte in den sensiblen und den motorischen Nerven
oder verschiedene Richtung der Nervenwirkung, „was hier ver-
schiedene Kräfte genannt werden?“ Wird nicht damit das Wesen
der Nervenwirkung durch die Richtung, in der sie verläuft, be-
stimmt, ist damit nicht doch wieder quasi eine Qualität gegeben?
— so möchten wir fragen. Dann wäre allerdings die Leitung
einer „Ausstrahlung“ in entgegengesetzter Richtung störend für
das Wesen der zentripetalen Richtung, um die es sich ja immer
handelt. — Schließlich bleibt zu unterscheiden, ob qualitativ ver-
schiedene Kräfte vorhanden sind, oder ob nur eine der beiden
möglichen Richtungen von der jedesmaligen Wirkung einge-
geschlagen werden kann, oder ob, wenn dieselbe Wirkung in
beiden Richtungen geht — also zentripetal und zentrifugal —
nur der einen Richtung Wirksamkeit zukommt, wobei aber der
Effekt nicht am vorhandenen oder auch nicht vorhandenen End-
organ liegen darf. Wir sind in eine unlösbare Sophistik hinein-
geraten, deren beginnende Fehler wir noch erkennen können,
was das logische Denken angeht, deren größter Fehler aber
darin liegt, daß uns — und Johannes Müller! — Kenntnisse
und letztlich die Vorstellung davon fehlen, daß wir so sein-können.
Wir kehren an Johannes Müller’s Ausgangspunkt zurück;
da hieß es: Reizbarkeit ist auch den Nerven eigen, und die allge-
meinen und verschiedenen Kräfte der Nerven kommen durch
Reize zur Erscheinung’ und weiter: Reizbarkeit haben heißt:
fähig sein, auf Reize Zuckungen (in den Muskeln) und — wir
können ergänzen — Empfindungen (in den Zentralteilen) zu be-
wirken’. Wir begreifen die Reizbarkeit als das Primum movens,
die Vis essentialis, wie sie in den „Prolegomena“ von Johannes
Müller auch genannt wird, was eben der alte Begriff der
Irritabilität ist. — Wir wollen jetzt versuchen, die Einordnung der
„allgemeinen und verschiedenen Kräfte“ der Nerven nach einem
 
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