Entwicklung der Reflexlehre
117
gangs im Nervösen, neben der es als zweite Form die des Be-
wußtseins mit Willkürbewegungen gab. Er hat den nervös-seeli-
schen Aufbau, den uns Johannes Müller gegeben hat, in keiner
Weise verstehen können. Ihm war es unverständlich, daß Im-
materielles (die Seele) in Konnex mit der Markmaterie stehen
sollte. „Was bleibt aber noch an dieser ,Seele’, wenn sie nach
Zerstörung der Nervensubstanz nicht mehr empfinden, nicht den-
ken, nicht wollen kann?“ Sensorium, Vernunftprinzip und so weiter
sind für ihn teilbar mit dem Mark, sind nur „Markfunktionen“. —
Er hat in seinem Materialismus sicher auch die Mechanik bedacht;
wer wie Pflüger eine Deutung aller Vorgänge geben will, muß
die mechanisch wirkenden Kräfte kennen, muß wenigstens einen
Begriff davon und ein Verstehen dafür haben. Er läßt nichts vor
sich gehen, dessen Ablauf ein Analogon in der anorganischen
Natur hätte, das diesem anorganischen Vorgang gliche oder gar mit
ihm identisch wäre, das neben dem Leben im Menschen einher-
ginge, wie es der Reflex bei Hall tut. Er fühlt nicht das Zu-
sammengehen von Nervenprinzip und Nervenkraft in der gleichen
Weise wie von Lebensprinzip und psychischem Prinzip (so Jo-
hannes Müller). Pflüger löst auf, er macht das Bewußtsein zu
einer Bewegung, und als Bewegung ist es mechanischen Gesetzen
unterworfen. So heißt es bei ihm, wofür ich die Belege anführen
will. Er kennt nicht die wirkenden Kräfte und keine Abläufe, aber
er kennt die Prinzipien, nach denen alles nur vor sich gehen
kann. Er holt mit Hilfe seiner polemisierenden Logik aus der
Physik die Anschauungen vom nervösen Leben und vom Leben
überhaupt. Er atomisiert die seelischen Vorgänge im Organis-
mus, er glaubt, damit eine Physiologie zu erreichen, in der sich
Physis und Psyche gemeinsam begreifen lassen. Er treibt die
Auflösung aller Erscheinungen vorwärts und ebenso die Auflösung
aller Vorgänge, und in den Zergliederungen und Atomen bleibt
die Neubildung nach jeder Richtung hin möglich. Pflüger schafft
den ungebundenen Materialismus, der in sich alle Substanz hat
für jeden Aufbau, der alles als Unverlierbares in sich birgt, in
dem die Kräfte uniform sind. „Das Bewußtsein ist Leben und
Werden. Ihm kommt kein Sein zu. Leben ist Bewegung. Die Ur-
sachen, welche diesem Leben zu Grunde liegen, sind bestimmte,
welche nicht Grund sein können, daß in einem und demselben
Zeitdifferential Etwas geschehe und zugleich auch nicht geschehe.
Diese Bewegung, die Bewußtsein genannt wird, ist ein Teil des
117
gangs im Nervösen, neben der es als zweite Form die des Be-
wußtseins mit Willkürbewegungen gab. Er hat den nervös-seeli-
schen Aufbau, den uns Johannes Müller gegeben hat, in keiner
Weise verstehen können. Ihm war es unverständlich, daß Im-
materielles (die Seele) in Konnex mit der Markmaterie stehen
sollte. „Was bleibt aber noch an dieser ,Seele’, wenn sie nach
Zerstörung der Nervensubstanz nicht mehr empfinden, nicht den-
ken, nicht wollen kann?“ Sensorium, Vernunftprinzip und so weiter
sind für ihn teilbar mit dem Mark, sind nur „Markfunktionen“. —
Er hat in seinem Materialismus sicher auch die Mechanik bedacht;
wer wie Pflüger eine Deutung aller Vorgänge geben will, muß
die mechanisch wirkenden Kräfte kennen, muß wenigstens einen
Begriff davon und ein Verstehen dafür haben. Er läßt nichts vor
sich gehen, dessen Ablauf ein Analogon in der anorganischen
Natur hätte, das diesem anorganischen Vorgang gliche oder gar mit
ihm identisch wäre, das neben dem Leben im Menschen einher-
ginge, wie es der Reflex bei Hall tut. Er fühlt nicht das Zu-
sammengehen von Nervenprinzip und Nervenkraft in der gleichen
Weise wie von Lebensprinzip und psychischem Prinzip (so Jo-
hannes Müller). Pflüger löst auf, er macht das Bewußtsein zu
einer Bewegung, und als Bewegung ist es mechanischen Gesetzen
unterworfen. So heißt es bei ihm, wofür ich die Belege anführen
will. Er kennt nicht die wirkenden Kräfte und keine Abläufe, aber
er kennt die Prinzipien, nach denen alles nur vor sich gehen
kann. Er holt mit Hilfe seiner polemisierenden Logik aus der
Physik die Anschauungen vom nervösen Leben und vom Leben
überhaupt. Er atomisiert die seelischen Vorgänge im Organis-
mus, er glaubt, damit eine Physiologie zu erreichen, in der sich
Physis und Psyche gemeinsam begreifen lassen. Er treibt die
Auflösung aller Erscheinungen vorwärts und ebenso die Auflösung
aller Vorgänge, und in den Zergliederungen und Atomen bleibt
die Neubildung nach jeder Richtung hin möglich. Pflüger schafft
den ungebundenen Materialismus, der in sich alle Substanz hat
für jeden Aufbau, der alles als Unverlierbares in sich birgt, in
dem die Kräfte uniform sind. „Das Bewußtsein ist Leben und
Werden. Ihm kommt kein Sein zu. Leben ist Bewegung. Die Ur-
sachen, welche diesem Leben zu Grunde liegen, sind bestimmte,
welche nicht Grund sein können, daß in einem und demselben
Zeitdifferential Etwas geschehe und zugleich auch nicht geschehe.
Diese Bewegung, die Bewußtsein genannt wird, ist ein Teil des