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Marx, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 10. Abhandlung): Die Entwicklung der Reflexlehre seit Albrecht von Haller bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: vorgelegt in der Sitzung am 16. November 1938 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43756#0119
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119

Entwicklung der Reflexlehre
vordere Stück äußert noch spontane Akte der Willkür:, schreit,
läuft, beißt, kratzt, das hintere empfindet, will und bewegt sich
ebenso willkürlich. Obgleich beide Teile vollständig unabhängig
voneinander ihre Nervenfunktionen ausüben, sind doch in beiden
die Vernunftprinzipien speziell vorhanden, weil diese eben nichts
anderes als Markfunktionen sind, und die Markteile die ihnen
innewohnende Funktion fortsetzen. — Die noch vorhandene sen-
sorische Tätigkeit erscheint allerdings fast nur auf äußere Reize
und bleibt sonst in Ruhe, wie ein aus dem Körper ausgeschnit-
tener Muskel. Wirkt aber eine Bewegungsursache auf diesen oder
jenen Mechanismus, so zuckt hier der Muskel, so entsteht dort
sensorische Funktion“. (S. X—XIII). „Indem das Bewußtsein den
Bewegungen zuzuzählen ist, wird es den Gesetzen der Mechanik
unterworfen. Hieraus folgt nun aber, daß die Ursache einer Be-
wegung, welche einen einfachen, nicht komplizierten Mechanismus
trifft, eine einfache, nicht komplizierte Bewegung erzeugt, daß
aber dieselbe Ursache, welche einen vielfach komplizierten Me-
chanismus trifft, auch eine vielfach komplizierte Bewegung er-
zeugt. Das Hirnbewußtsein, welches eine Reihe vielverknüpfter
und durch die in ihnen ruhenden Errinnerungen durcharbeiteter
Mechanismen durchläuft, verdeckt leichter die Ursache der spe-
ziellen Bewegungen. Das Rückenmarksbewußtsein verrät sehr
bald, daß es ein mechanischer Prozeß sei. Wenn er nicht hand-
greiflich gestoßen wird, bleibt er in Ruhe; wenn er stark gestoßen
wird, bewegt er sich mehr und länger; wenn er schwach ge-
stoßen wird, weniger und kürzer. Das ist nun freilich eine ganz
gesetzmäßige Tätigkeit; sie bleibt aber deshalb doch eine sen-
sorische, wie wir uns bald überzeugen werden. Wir begreifen
also die sensorische Tätigkeit im Rückenmarke in ihrem einfach-
sten Prototyp (sic!), im Gehirn in vollkommenster Entwicklung“.
(S. 46/47.) —
Gegen den primitiven Mechanismus-Materialismus der Forscher
wie Hall hätte Pflüger wohl nicht seinen großen Aufwand an
Versuchen, Überlegungen und — Worten machen müssen; wo
er es aber tat, konnte er daran Genüge finden. Er hat aber
dazu noch frühere Autoren angeführt, um seine Ansichten zu
unterbauen und die Hall’s unmöglich zu machen. Er nahm sich
Whytt, Prochaska, Cuvier, Legallois zu Zeugen — sie geben
ihm aber garnicht recht, weil ihre Forschungen nicht vom Me-
chanismus sprechen, der für die PFLüGER’schen das Rückgrat
 
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