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Achelis, Johann Daniel [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0021
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21

Theophrasts von Hohenheim. I.
male äußere Description, sondern die Untersuchung ihrer Wir-
kungsweise. „Das ist die anatomi, die arzneien lehrt .... vielmer
dan den tot cörpel zu anatomatizirn“47). In einer oben angeführten
Stelle wurde von der Anatomie des Spiritus peccans gesprochen:
auch da ist die Analyse der Wirkungsweise gemeint. „In der
anatomie Spiritus peccantis soll gesucht werden die krankheit und
im selben abgewandt“. An anderen Stellen wieder wird von einer
Anatomie der Welt gesprochen, der Anatomie des Sternlaufs und
und der vier Elemente: „Lasset euch die cosmographei ein ana-
tomei sein und den tropicum cancri und capricorni, die meridio-
nalisch linien, dergleichen wie die vier matres in ir anatomei
ligen“ 48). Das tertium, das diesen offenbar übertragenen Wort-
gebrauch erlaubt, liegt, soweit ich sehe, in der eindringenden zerglie-
dernden Untersuchung, die der Leichenanatomie und den anderen
Fällen gemeinsam ist. Anatomie bedeutet also die in sorgfältiger
Untersuchung gewonnene Einsicht in die Natur, die mehr enthält,
als was sich der einfachen Betrachtung ergibt. Es liegt hier ähn-
lich wie bei der Astrologie: gerade die Wortbedeutung, die uns
geläufig ist, ist die von Parazelsus abgelehnte, während er dar-
über hinaus die alten Begriffe mit völlig neuem Inhalt gefüllt hat.
Auch hier also ein Vorgehen, das man als Reformation bezeich-
nen kann. Die Anatomie ist als Leichenanatomie von ihrem Ur-
sprung gekommen und erweist sich als eine der Künste des
Minotaurus („Die so allein mit einem aug sehn wollen“). Es
gilt jetzt die „anatomia essentialis“, die „bisher noch nie traktiert
ist worden“. Für diesen Wandel der Anatomie nur ein Beispiel:
„aber in der gestalt sol die anatomei observirt werden, wie die
krankheiten sich darinnen spargiren und welche stet oder örter
iren benannten krankheiten tüglich sind oder nit. ist das nit ein
gerechter anatomi, das ir wissen zu anatomatiziren, wie men-
struum ligt? ist es nit besser, dan das ir wissen wie matrix ligt?
welches ist linder den zweien das nötigst? so ein krankheit zu-
falt, welches arzneient ir? menstruum oder matricem? und so
matrix an ir selbs ein localischen morbum hette, wo suchstu die
ursach seiner krankheit? welches macht die krankheit, locus oder
menstruum?“ 1!)). Dabei bezeichnet matrix den Uterus und men-
struum die Funktion im weiteren Sinne. „Was ists das ir wissen,
wie die erden ist und ligt, noch dennoch wissent ir nit, wie der
sam wachst, das ist die anatomi von deren ich red“ 50).
47) VI, 332. 48) VI, 340. «) VI, 334. so) VI, 335.
 
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