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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0035
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Theophrasts von Hohenheim. I. Anhang

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etc werden auferstehen, das dise plag hie under dem wort pesti-
lenz auch mag begriffen werden und für ein praesagium ge-
halten eines grossen scisma und Zerrüttung des volks und aller
elementen und des firmaments“2). Die Krankheit ist eine „Plage“
und ein „Laster“, die „Arznei ist ein Lupanar“ geworden, sie ist
„viel säuisch befunden“, „ein Apostata gebraucht und traktiert sie“.
„Gott soll sich erbarmen, daß er seine Hand nicht von uns
wende“; „dem Würmnest und Ameisenhaufen der Menschen muß
man zuvorkommen“. Dazu kommen eine Reihe weiterer Rede-
wendungen, die sehr charakteristisch sind für diesen neuen Stil:
Vom Hüten des heiligen Grabes ist die Rede, vom Altar und der
Buße und vom Fegfeuer des Lasters. Das ist alles der Darstel-
lung von 1528/29 ganz fremd.
Sündfluß Noae, Sodoma und Gomorrha, die Hurerei als Ba-
bylon unter den Sünden wurden zitiert. Unkeuschheit in Worten
und Werken, venerische Anfechtung — beim Licht der Natur
wird hinzugefügt „vom heiligen Geist“ — ich glaube, daß diese
Beispiele genügen, um zu zeigen, daß hier jedenfalls nicht mehr
Naturphilosophie allein gegeben wird. Die theologische Färbung
des Ganzen ist greifbar deutlich. —
Das geht so weit, daß zwischen ehelichem und unehelichem
Sperma unterschieden wird. Sperma legitimum ist vom Sperma
adulterinum, Sperma babylonicum, Sperma sodomiticum zu unter-
scheiden. Es gibt Sperma, welche „quintum esse aller Unkeusch-
heit in ihr hat, die ohne alle Furcht Gottes ihren Aktum voll-
bringt“. Nur diese Sperma kann vergiftet werden, „und gleich
is dis werk zu verstehen, das es ein süntfluss sei, in deren alein
die ertrinken, die in unkeuschheit gotes vergessen, dan so wir
bei uns selbs christenlich bedenken wie gross das läster wider
got ist, es solt sich leib und sei erzitern und erdbidmen, blutigen
schweiss schwizen; dan da werden erkalt alle herzen der men-
schen gegen got, und alle herzen und lieb gehent in die üppige
hur die alein (*) in die ewige verdamnus, was sie betastet“3).
Es fügt sich dann dieser jedenfalls nicht ärztlichen Beschrei-
bung gut ein, wenn der Autor sein eigenes Bemühen um das
Thema der Werbung um eine Jungfrau vergleicht, „die schon
manche geliebt aber nicht Bescheid empfangen haben“. Wenn
die Unkeuschheit die Sünde schlechthin ist, ist eine anspruchs-
vollere Bezeichnung der eigenen Tätigkeit kaum denkbar.

3) X, 466.
 
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