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Achelis, Johann Daniel [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 9. Abhandlung): Über die Syphilisschriften Theophrasts von Hohenheim: Die Pathologie der Syphilis, 1 — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43755#0036
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j. D. AcheliS: Syphilisschriften

Man könnte nun meinen, daß schon durch den Nachweis die-
ser völlig veränderten Grundhaltung die Unechtheit des dritten
Buchs unter Beweis gestellt wäre, besonders, wenn man auf die
völlig veränderte Terminologie im einzelnen hinweisen kann. Ich
glaube, daß hier zunächst doch noch Vorsicht geboten ist. Es
wird immer wieder behauptet, daß Parazelsus in den Jahren
vor dem angeblichen Abfassungsjahr dieses Buches (1537) mit
Wiedertäuferkreisen in Berührung gekommen wäre und sich stark
mit magisch-okkulten Dingen beschäftigt hätte. Manche meinen, daß
er in dieser Zeit eine Art Bekehrung erlebt hätte. Ist nun nicht
vielleicht die veränderte metaphysische Position der Syphilis
gegenüber geradezu ein Beweis für diesen Vorgang, in dem aus
einem über die Natur philosophierenden und ihr verbundenen
Heiden ein um das Seelenheil der Menschen besorgter Christ
geworden ist? Wir wissen von der theologischen Entwicklung
Hohenheim’s sehr wenig, da die Herausgabe der theologischen
Schriften noch in den Anfängen steht. Paulus wird immer eine an-
dere Sprache führen, als es Saulus vorher getan hat. Wenn, woran
nicht zu zweifeln ist, das Christentum für Parazelsus nach 1536
eine größere Bedeutung gewonnen hat, kann man aus verän-
dertem Stil und neuer Terminologie nicht auf die Unechtheit
schließen.
Zieht man unter diesen Gesichtspunkten das Hauptwerk der
Jahre 1537 und 38, die Astronomia magna (Philosophia sagax)
heran, die hinreichend zuverlässig überliefert ist, findet man zu-
nächst eine Anthropologie, die nicht nur die Natur des Menschen,
sondern die Seele und das Miteinander von Natur und Seele
behandelt. Natürliches und Übernatürliches werden gleichmäßig
dargestellt. Hier ist also offenbar ein ähnlicher Schritt vollzogen
wie in unserer Schrift. Man ist aber überrascht, wenn man dann
auch in den Einzelheiten manche Parallelen findet. Nicht nur ein
christlicher Standpunkt ist deutlich, sondern die Termini sind
häufig dieselben wie in der Wundarznei: von ninivitischer Buße,
von der babylonischen Hure, vom blutigen Schweiß und Erd-
beben, von Sodom und Gomorrha und der Heiligkeit der Ehe
ist die Rede. Der „neue Himmel“, (der durch den christlichen
Glauben geschaffen wird) kehrt in der Wundarznei und der Philo-
sophia sagax in gleicher Weise wieder. Ein Hinweis auf die
Magie als die der Astrologie übergeordnete Wissenschaft findet
sich in beiden Schriften im gleichen Zusammenhang. Christus
 
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