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W. SoerGel : Zur biologischen
stratigraphischer Stellung und Klimacharakter als interglazial zu
erweisen, ist nicht gelungen. Er gründet sich auf die irrige Vor-
aussetzung, daß die Steppennagerschicht ein „sandiger Travertin“
sei, und auf die unbewiesene, nach den geologischen Befunden
und nach den Säugetierbeständen mehr als unwahrscheinliche
Voraussetzung, daß die aus Funden nicht bekannte Pflanzenwelt
zur Bildungszeit der Steppennagerschicht der im unteren und im
oberen Travertin nachgewiesenen entsprochen habe.
Geologische und faunistische Befunde beweisen dagegen, daß
die Steppennagerschicht in einer der Pflanzenentwicklung ungün-
stigeren, kalten Zeit entstanden ist. Es handelt sich um einen
Kältevorstoß im Zeitrahmen des Riß-Würminterglazials (alter Auf-
fassung), der sehr wahrscheinlich der kleineren, in ihren klima-
tischen Auswirkungen beschränkteren Riß III-Vereisung ent-
spricht. Eine endgültige Stellungnahme kann erst erfolgen, wenn
ein reicheres Material an geologischen Einzelbeobachtungen und
von einigen Horizonten des Travertin- und des Deckschichten-
profils Pollenanalysen vorliegen. Bei der stratigraphischen Ein-
gliederung wird zu berücksichtigen sein, daß interglaziale Ver-
hältnisse in Süddeutschland früher einsetzten und länger aus-
hielten als in Norddeutschland, daß in Zeiten, die Norddeutsch-
land nur ein interstadiales, die Sommertemperaturen der Gegen-
wart nicht erreichendes Klima brachten, in Teilen Süddeutschlands
ein dem heutigen etwa entsprechendes, interglaziales Klima ge-
herrscht haben kann. Es beruht das weniger auf den normaler-
weise in Süddeutschland höheren Temperaturen als vielmehr auf
den hohen sommerlichen Strahlungstemperaturen während der
Rückschmelzperioden (vergl. Soergel 1937). Ein raumgebendes
Wegschmelzen der großen Eismassen konnte erst einsetzen, als
die von der Sonne kommende Strahlung den Wert der gegen-
wärtigen Strahlung nicht nur erreicht, sondern überschritten hatte.
Während in Norddeutschland die zugestrahlten Wärmemengen
für die Eiswegschmelzung verbraucht wurden und auch eine
direkte klimatische Auswirkung der zurückschmelzenden Eiskalotte
auf das weitere Vorland noch statthatte, erfuhren eisfernere süd-
deutsche Gebiete unter der hohen Strahlung eine kräftige sommer-
liche Erwärmung. Frühzeitig in den Rückschmelzperioden trat hier
für Pflanzen und Tiere eine wesentliche Besserung der Lebens-
bedingungen ein, und frühzeitig hat hier in der Tat, wie wir
heute aus pollenanalytischen Ergebnissen wissen, die Rückwan-
W. SoerGel : Zur biologischen
stratigraphischer Stellung und Klimacharakter als interglazial zu
erweisen, ist nicht gelungen. Er gründet sich auf die irrige Vor-
aussetzung, daß die Steppennagerschicht ein „sandiger Travertin“
sei, und auf die unbewiesene, nach den geologischen Befunden
und nach den Säugetierbeständen mehr als unwahrscheinliche
Voraussetzung, daß die aus Funden nicht bekannte Pflanzenwelt
zur Bildungszeit der Steppennagerschicht der im unteren und im
oberen Travertin nachgewiesenen entsprochen habe.
Geologische und faunistische Befunde beweisen dagegen, daß
die Steppennagerschicht in einer der Pflanzenentwicklung ungün-
stigeren, kalten Zeit entstanden ist. Es handelt sich um einen
Kältevorstoß im Zeitrahmen des Riß-Würminterglazials (alter Auf-
fassung), der sehr wahrscheinlich der kleineren, in ihren klima-
tischen Auswirkungen beschränkteren Riß III-Vereisung ent-
spricht. Eine endgültige Stellungnahme kann erst erfolgen, wenn
ein reicheres Material an geologischen Einzelbeobachtungen und
von einigen Horizonten des Travertin- und des Deckschichten-
profils Pollenanalysen vorliegen. Bei der stratigraphischen Ein-
gliederung wird zu berücksichtigen sein, daß interglaziale Ver-
hältnisse in Süddeutschland früher einsetzten und länger aus-
hielten als in Norddeutschland, daß in Zeiten, die Norddeutsch-
land nur ein interstadiales, die Sommertemperaturen der Gegen-
wart nicht erreichendes Klima brachten, in Teilen Süddeutschlands
ein dem heutigen etwa entsprechendes, interglaziales Klima ge-
herrscht haben kann. Es beruht das weniger auf den normaler-
weise in Süddeutschland höheren Temperaturen als vielmehr auf
den hohen sommerlichen Strahlungstemperaturen während der
Rückschmelzperioden (vergl. Soergel 1937). Ein raumgebendes
Wegschmelzen der großen Eismassen konnte erst einsetzen, als
die von der Sonne kommende Strahlung den Wert der gegen-
wärtigen Strahlung nicht nur erreicht, sondern überschritten hatte.
Während in Norddeutschland die zugestrahlten Wärmemengen
für die Eiswegschmelzung verbraucht wurden und auch eine
direkte klimatische Auswirkung der zurückschmelzenden Eiskalotte
auf das weitere Vorland noch statthatte, erfuhren eisfernere süd-
deutsche Gebiete unter der hohen Strahlung eine kräftige sommer-
liche Erwärmung. Frühzeitig in den Rückschmelzperioden trat hier
für Pflanzen und Tiere eine wesentliche Besserung der Lebens-
bedingungen ein, und frühzeitig hat hier in der Tat, wie wir
heute aus pollenanalytischen Ergebnissen wissen, die Rückwan-