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Lehmann, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1913, 13. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 3 — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37372#0022
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22(A. 13)

0. Lehmann:

brechung entstandenen Strahlen bei gleicher Dicke zeigen, je
mehr sie von dem wasserreicheren Hyd,rat enthalten.
Stellt man eine Lösung der normalen tlüsssig-kristallinischen
Masse in Alkohol mit immer größerem Gehalt an Wasser oder
besser (aus den schon erwähnten Gründen) an wässerigem Am-
moniak her, so runden sich die Ecken mehr und mehr ab, während
gleichzeitig die Individuen kürzer werden. Waren anfänglich
die Kristalle wegen ihres der Mutterlauge nahe gleichen Licht-
brechungsquotienten in natürlichem Licht kaum sichtbar, so
treten mit steigendem Wassergehalt der Lösung ihre Umrisse
immer deutlicher hervor, so daß die Anwendung gekreuzter Ni-
cols zur Sichtbarmachung überflüssig wird. Ihre Auslöschung
zwischen letzteren wird schließlich anormal, insofern sich an
einzelnen Stellen Facherstruktur herstellt, augenscheinlich in-
folge des Bestrebens der blättchenförmigen Moleküle, sich der
gekrümmten Oberfläche parallel zu richten. Geht die puppen-
förmige Gestalt gar in Kugelform über, so wird die Struktur
eine völlig sphärolithische; die Kugeln zeigen in jeder Stellung
zwischen gekreuzten Nicols das schwarze Kreuz der Sphäro-
kristalle.^)
Diese Molekularstruktur, d. h. die Parallelrichtung der mole-
kularen Blättchen zur Oberfläche, wobei die optische Achse
überall senkrecht zu letzterer wird, ist charakteristisch für die
Myelinformen, welche gewissermaßen zu Stäbchen ausgezogene
flüssige Sphärokristalle sind. Unter Umständen, doch keineswegs
in der Regel, sind dieselben hohl, d. h. die flüssig-kristallinische
Masse erscheint als Überzug auf einem durch isotrop-flüssige
Mutterlauge gebildeten Kern. Die Orientierung der Moleküle er-
folgt dann sowohl unter dem Einfluß der äußeren wie der inneren
Oberfläche. In den meisten Fällen ist die Höhlung nur eine
Täuschung, dadurch hervorgebracht, daß der Wassergehalt der
Masse von innen nach außen sich sprungweise ändert, oder
W Besonders schöne Kugetn dieser Art erhält man auch beim Abkühlen
heißer Lösungen von Cholesterin mit Cetylalkohol oder Elaidinsänre in sehr
wenig Alkohol. Bei der Ausscheidung geraten sie in lebhafte Bewegung, die
wohl eine Folge der durch die Ausscheidung bedingten lokalen Änderung der
Zusammensetzung der Lösung ist, welche Oberflächenspannungsdifferenzen und
deshalb Kontaktbewegung, wie bei Kampfer auf Wasser, zur Folge hat. Sie
erinnert an die BROWN'sche Molekularbewegung. Auch bei der Bildung von
Myelinformen in Wasser, wobei Wachstum und Auflösung beständig wechseln,
zeigen sich zuweilen heftige Bewegungen, die wohl gleiche Ursache haben.
 
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