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Stäckel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1914, 2. Abhandlung): Beiträge zur Kritik der Differentialgeometrie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.37410#0019
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Beiträge zur Kritik der Differentialgeometrie. (A. 2) 19
Man erkennt jetzt, warum die Unmöglichkeitsbeweise von
NEWTON und EuLER in gewissen Fällen versagen. Beide beruhen
auf der Voraussetzung, daß unter der Bogenlänge der Kurve die
geometrische Bogenlänge verstanden wird. Wenn man aber zum
Beispiel nach Kurven fragt, die sich algebraisch rektifizieren
lassen, bei denen also zwischen der Bogenlänge und der Abszisse
eine algebraische Gleichung besteht, so wird damit stillschweigend
gefordert, daß die Bogenlänge eine monogene analytische Funktion
ist, das heißt, daß die analytische Bogenlänge zugrunde gelegt
wird. Der Widerspruch, zu dem NEWTON und EuLER gelangen,
braucht daher nicht in der Forderung der algebraischen Bektifi-
zierbarkeit zu hegen, er kann vielmehr auch darauf beruhen,
daß die geometrische und die analytische Bogenlänge der Kurve
voneinander verschieden sind. Wie sich dieser Unterschied geltend
macht, soll für den EuLERSchen Unmöglichkeitsbeweis ausführlich
dargelegt werden.
Bei Untersuchungen über geschlossene Kurven wird häufig
von dem Umstand Gebrauch gemacht, daß die Koordinaten
2, ?/ eines Kurvenpunktes P als periodische Funktionen der Bogen-
länge 3 aufgefaßt werden dürfen. Dabei wird augenscheinlich die
geometrische Erklärung der Bogenlänge vorausgesetzt, und die
Periode p der Funktionen 2 und y von $ ist gleich dem geometri-
schen Umfang der geschlossenen Kurve.
Wird nunmehr gefordert, daß für eine geschlossene Kurve
die Gleichung
(14) = <p(A)
besteht, in der c eine algebraische Funktion von 2 und <p eine ein-
deutige, monotone Funktion von 3 bedeutet, so läßt sich daraus
der Widerspruch folgern, daß 2 keine periodische Funktion von
3 sein kann. Eine periodische Funktion hat nämlich die Eigen-
schaft, jeden Wert, den sie überhaupt annimmt, für unzählig
viele Werte des Argumentes anzunehmen. Nach der Gleichung
(14) besteht aber zwischen 2 und eine algebraische Gleichung,
mithin gehört zu jedem (zulässigen) Werte von 2 nur eine endliche
Anzahl von Werten der Funktion und weil <p(N^) eine mono-
tone Funktion ist, also jedem Werte von pfk) nur ein einziger
Wert von 3 entspricht, so gehört zu jedem Werte von 2 auch nur
eine endliche Anzahl von Werten des Argumentes 3. Folglich gibt
es keine geschlossene Kurve der verlangten Eigenschaft.

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