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Stäckel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1914, 2. Abhandlung): Beiträge zur Kritik der Differentialgeometrie — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.37410#0005
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Beiträge zur Kritik der Differentialgeometrie.

(A. 2) 5

beweis stößt man auch bei einem Versuch EuLERS, zu zeigen, daß
bei einer geschlossenen algebraischen Kurve der Logarithmus der
Bogenlänge sich nicht algebraisch bestimmen lasse, einemVersuch, der
in seinem Grundgedanken mit NEWTONS Verfahren übereinstimmt.
Man wird sich nicht damit begnügen dürfen, die Beweisver-
suche der großen Mathematiker des 17. und 18. Jahrhunderts
für falsch zu erklären; Aufgabe einer positiven Kritik wird es
vielmehr sein müssen, die Gründe aufzudecken, warum das Verfah-
ren unter Umständen versagt, Bedingungen anzugeben, unter
denen die Unmöglichkeit wirklich stattfindet, und Kenn-
zeichen für die Ausnahmefälle zu ermitteln. Hierbei erweist es
sich als zweckmäßig, die Fragestellung zu verallgemeinern. Die
Widersprüche, die bei den genannten Rektifikationsproblemen
auftreten, beruhen nämlich darauf, daß man, ohne es zu sagen,
gleichzeitig zwei Erklärungen der Bogenlänge benutzt, eine geo-
metrische und eine analytische, die zwar im kleinen Bereich
übereinstimmen, jedoch bei dem Heraustreten aus dem kleinen
Bereich, bei der Fortsetzung, wie man sagen kann, von einander
abweichen können. Dieselbe Erscheinung zeigt sich aber auch
bei einer ganzen Gattung von Größen, die analytischen Kurven
als Funktionen des Ortes zugeordnet sind, und die darauf bezüg-
lichen Untersuchungen der Differentialgeometrie können nur dann
Anspruch auf Strenge machen, wenn die Begriffe der geometri-
schen und der analytischen Fortsetzung grundsätzlich klargestellt
werden (§ 3). So wichtig diese Betrachtungen sind, so reichen sie
doch nicht dazu aus, jene Paradoxien vollständig aufzulösen, hierzu
bedarf es vielmehr noch einer genaueren Zergliederung des Be-
griffs einer geschlossenen analytischen Kurve (§ 4); die hierbei
eingeführten Begriffe der analytischen Schleife und der analyti-
schen Runde dürfen eine über die Zwecke der vorliegenden Unter-
suchung hinausgehende, selbständige Bedeutung beanspruchen.

§ 1.
Ein Unmöglichkeitsbeweis NEWTONS über die algebraische Quadratur
und Rektifikation geschlossener Kurven.
In den PrzVcipia pAiM^opAme waüAenmRca, Liber I,
Sectio VI, Lemma XXVIII (London 1687) hat NEWTON folgenden
Lehrsatz aufgestellt:
 
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