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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0037
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Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen. (B. 5.) 37

mungen gewisser physiologischer Vorgänge bewirkt. Wenn also
ein Weidensteckling unter konstanten äußeren Bedingungen an
der Basis sehr viel leichter Wurzeln bildet als an der Spitze, so
zeigt diese Tatsache allerdings, daß die inneren Bedingungen an
der Basis, sei es durch Erleichterung der Wasserzufuhr sei es
durch noch unbekannte Einflüsse für die Wurzelbildung, günstiger
sind als diejenigen an der Spitze. Verändern wir die äußeren Be-
dingungen aber für Spitze und Basis, begünstigen die Wurzel-
bildungen relativ an der Spitze, hemmen sie mehr oder weniger
an der Basis so treten entgegen der Polarität auch Wurzeln an
der Spitze hervor (Klebs, 1903)1.
Der polarisierte Zustand ist an solchen Stecklingen stets fixiert,
weil sie zum größten Teil aus Dauergewebe bestehen. Darin liegt
der entscheidende Grund für die Tatsache, daß wir an ihnen die
Polarität selbst nicht aufheben können. Es gäbe nur ein einziges
Mittel,sie wirklich aufzuheben, wenn es gelänge, das Dauergewebe
samt den in bestimmter Richtung stoffleitenden Organen wieder
in einen embryonalen Zustand zu versetzen. Das ist nicht mög-
lich, und man kann nur indirekt die Richtigkeit der Folgerung
nachweisen an jenen Stecklingen, z. B. von Populus, die an den
Schnittflächen ein junges Gewebe, den sog. Kallus, bilden. Die
Kallusmassen können bei manchen Pflanzen ebensogut am api-
kalen wie am basalen Ende entstehen; bei der Pappel u. a. wird
sogar das basale Ende bevorzugt (Küster, 1903, S. 169). Sowie
der Kallus einer Spezies überhaupt imstande ist neue Knospen zu
bilden, ist deren Entstehung von der Polarität des alten Steck-
lings ganz unabhängig. Spaltet man einen Steckling der Länge
nach, so entsteht der Kanus in Längswülsten, und überall sprossen
die neuen Knospen hervor.

1 Schon in meiner Arbeit: Willkürliche Entwicklungsänderungen, 1903,
S. 111, noch deutlicher 1904, S. 609—610 habe ich betont, daß der Einfluß
der Polarität aufgehoben werden kann. Dagegen habe ich nicht behauptet,
daß an Weidenstecklingen u. dgl. die Polarität selbst, d. h. der polare Zustand
aufgehoben wird. In seiner Polemik gegen mich hat Vöchting (1906) diesen
wichtigen Unterschied garnicht beachtet. Er gibt sich die größte Mühe
nachzuweisen, daß die Polarität fixiert sei, Avas AAreder ich noch ein anderer
bestritten haben. Dagegen die Hauptsache bleibt ganz unberücksichtigt,
daß eben für die Organbildung der Einfluß der Polarität unter bestimmten
Außenbedingungen beseitigt AA’erden kann und daß sie deshalb nicht eine so
große Rolle spielt, \Arie Vöchting ihr zumutet.
 
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