18 (B.1)
W. VON BuDDENBROCK:
Auffassung ist schon deswegen leicht als unrichtig nachzuweisen,
da sie die Kreis- und Spiralbahnen, die beim Flug zur Flamme
auftreten, nicht zu erklären vermag.
Was RADL selbst anlangt, so möchte ich zunächst einige von
seinen zahlreichen Beobachtungen auf diesem Gebiete zitieren:
Er schreibt: ,,Man findet, daß die Fälle, wo ein Individuum in das
Licht gerade fliegt, sehr selten sind; gewöhnlich kommt das Insekt
von irgend wo her, nähert sich in einer krummen Bahn dem Licht,
beschreibt einen oder zwei Kreise und fliegt davon, wenn es nicht
während des Herumfliegens in einem Bogen in das Licht gerät."
Etwas weiter unten finden wir: ,,Sehr viele andere Mücken und
auch Nachtschmetterlinge bleiben von dem Licht bis auf mehrere
Meter entfernt und fliegen, eine Schraubenlinie beschreibend,
bis auf einige Zentimeter gegen das Licht, schwingen sich dann aus
der Bahn heraus, geraten an einem anderen Punkt wieder in die-
selbe, um wieder die schraubenförmige Bahn zu durchlaufen."
Ich selbst kann diese Beobachtungen auf Grund meiner langjäh-
rigen Erfahrung als Schmetterlingssammler voll und ganz bestä-
tigen. Die Erklärung, die RADL vom Flug der Insekten zur Flamme
gibt, basiert auf der Grundidee seines ganzen Buches, daß näm-
lich auch die Insekten so gut wie der Mensch hei ihrer optischen
Orientierung einen Punkt fixieren und auf ihn sich zu bewegen.
Er schreibt: ,,Am Tage gibt dem Tiere die helle Umgebung eine
sehr große Menge von optischen Punkten, nach welchen sich das-
selbe orientieren muß; das Insekt oder der Vogel kann wohl die
Sonne oder abends den Mond sehen, doch er muß sich nicht nach
demselben orientieren, da er ringsum eine Menge anderer Orien-
tierungspunkte hat. Wenn aber in der Nacht eine künstliche
Lichtquelle vor ihm scheint, muß er sich aus Ermangelung anderer
Lichtquellen an dieselbe beim Flug stützen und kommt auf diese
Weise in die Nähe der Lichtquelle .... Der so häufige Flug der
Insekten in einer krummen Bahn um die Flamme wird allgemein
zwei Ursachen haben; einmal, daß das fliegende Insekt sich nach
der Flamme orientieren muß, zweitens daß das Insekt mit einer
tangentialen Kraft von dieser Orientierung fortgetragen wird."
Nach dem, was wir heutzutage wissen, können wir diese etwas
komplizierte und nicht ganz durchsichtige Erklärung ruhig ad acta
legen; der Mechanismus der Lichtkompaßbewegungen gibt Auf-
schluß über alle Einzelheiten des Fluges zur Flamme und erklärt dieses
Phänomen restlos. Gesetzt, das Tier begänne seinen Flug vom
W. VON BuDDENBROCK:
Auffassung ist schon deswegen leicht als unrichtig nachzuweisen,
da sie die Kreis- und Spiralbahnen, die beim Flug zur Flamme
auftreten, nicht zu erklären vermag.
Was RADL selbst anlangt, so möchte ich zunächst einige von
seinen zahlreichen Beobachtungen auf diesem Gebiete zitieren:
Er schreibt: ,,Man findet, daß die Fälle, wo ein Individuum in das
Licht gerade fliegt, sehr selten sind; gewöhnlich kommt das Insekt
von irgend wo her, nähert sich in einer krummen Bahn dem Licht,
beschreibt einen oder zwei Kreise und fliegt davon, wenn es nicht
während des Herumfliegens in einem Bogen in das Licht gerät."
Etwas weiter unten finden wir: ,,Sehr viele andere Mücken und
auch Nachtschmetterlinge bleiben von dem Licht bis auf mehrere
Meter entfernt und fliegen, eine Schraubenlinie beschreibend,
bis auf einige Zentimeter gegen das Licht, schwingen sich dann aus
der Bahn heraus, geraten an einem anderen Punkt wieder in die-
selbe, um wieder die schraubenförmige Bahn zu durchlaufen."
Ich selbst kann diese Beobachtungen auf Grund meiner langjäh-
rigen Erfahrung als Schmetterlingssammler voll und ganz bestä-
tigen. Die Erklärung, die RADL vom Flug der Insekten zur Flamme
gibt, basiert auf der Grundidee seines ganzen Buches, daß näm-
lich auch die Insekten so gut wie der Mensch hei ihrer optischen
Orientierung einen Punkt fixieren und auf ihn sich zu bewegen.
Er schreibt: ,,Am Tage gibt dem Tiere die helle Umgebung eine
sehr große Menge von optischen Punkten, nach welchen sich das-
selbe orientieren muß; das Insekt oder der Vogel kann wohl die
Sonne oder abends den Mond sehen, doch er muß sich nicht nach
demselben orientieren, da er ringsum eine Menge anderer Orien-
tierungspunkte hat. Wenn aber in der Nacht eine künstliche
Lichtquelle vor ihm scheint, muß er sich aus Ermangelung anderer
Lichtquellen an dieselbe beim Flug stützen und kommt auf diese
Weise in die Nähe der Lichtquelle .... Der so häufige Flug der
Insekten in einer krummen Bahn um die Flamme wird allgemein
zwei Ursachen haben; einmal, daß das fliegende Insekt sich nach
der Flamme orientieren muß, zweitens daß das Insekt mit einer
tangentialen Kraft von dieser Orientierung fortgetragen wird."
Nach dem, was wir heutzutage wissen, können wir diese etwas
komplizierte und nicht ganz durchsichtige Erklärung ruhig ad acta
legen; der Mechanismus der Lichtkompaßbewegungen gibt Auf-
schluß über alle Einzelheiten des Fluges zur Flamme und erklärt dieses
Phänomen restlos. Gesetzt, das Tier begänne seinen Flug vom