Über die Energetik der Muskeln.
(B.2) 21
HERMANNS Untersuchungen (1867) wirken darin umwälzend,
daß nach ihnen die Verbrennungen nicht die unmittelbar Arbeit
liefernde Reaktion sein sollen, sondern lediglich restitutive Bedeu-
tung haben. HERMANN schloß dies aus der Entdeckung, daß auch
sauerstofffreie Muskeln Arbeit leisten. Während die Tatsache der
Arbeit ohne Sauerstoff unbestritten ist, hat in dem Für und Wider
der Deutung der Tatsachen eine Entscheidung nicht stattgefunden.
Doch wird sie meines Erachtens zugunsten der HERMANNSchen
Theorie fallen.
Um den Einfluß des Sauerstoffmangels auf die Kontraktionen
zu untersuchen, ist Entziehung des Sauerstoffs das nächstliegende
Mittel. Praktisch ist dieser Weg jedoch bei kleinen Organen schwie-
rig. Es ist zu bedenken, daß energetisch betrachtet, der Nachweis
kleiner Bewegungen (also von Arbeit) sehr viel leichter und empfind-
licher ist, als der Nachweis energetisch entsprechender Sauerstoff-
mengen. Wenn Bewegungen noch deutlich wahrnehmbar sind,
liegt die kalorisch entsprechende 'Sauerstoffmenge" schon weit
unter der Grenze des Nachweises. Daher sind die Arbeitsmengen,
welche ein sauerstofffreier Muskel bis zur völligen Lähmung abzu-
geben vermag, wohl stets unwillkürlich überschätzt worden. Sie
betragen bei einem Froschherzen^ von etwa 0,1 Gramm Gewicht
in der Regel wohl weniger als 2000 grcm (entspr. 50 Mikrokalorien),
während ein mit Sauerstoff versorgtes Herz ceteris paribus mit
Leichtigkeit 10—20 000 grcm zu liefern vermag, bevor Ermüdungs-
erscheinungen sich stärker geltend machen. Nach 1 bis 2 Stunden
der Oxydationshemmung ist die Arbeitsfähigkeit erloschen. Neue
Zufuhr läßt annähernd die ursprüngliche Arbeitsfähigkeit wieder
erstehen. Dabei verhält sich der Muskel als ob nichts geschehen
wäre, Arbeit und Gaswechsel sind nicht wesentlich kleiner wie
früher, insbesondere ist der Sauerstoffverbrauch aber auch nicht
größer als normal, ein Nachholen der Oxydation findet nicht statt.
Kein Anzeichen weist darauf hin, daß die nicht oxydierten Spalt-
produkte nachträglich oxydiert werden. Nur darin ist der Muskel
ein anderer, daß ein wiederholter Versuch der Anoxybiose eine
nunmehr ganz rapide Erschöpfbarkeit erkennen läßt. Irgend ein
Vorrat an Energieträgern wird also verbraucht, nach LESSER ist
besonders an Glykogen, aber auch an Eiweiß und Fett zu denken.
Leider wissen wir nicht, ob außer dem Verbrauch eines Reserve-
stoffes auch die Ansammlung von lähmenden Substanzen, oder
auch eine Störung des physikalisch-chemischen Zustandes für die
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HERMANNS Untersuchungen (1867) wirken darin umwälzend,
daß nach ihnen die Verbrennungen nicht die unmittelbar Arbeit
liefernde Reaktion sein sollen, sondern lediglich restitutive Bedeu-
tung haben. HERMANN schloß dies aus der Entdeckung, daß auch
sauerstofffreie Muskeln Arbeit leisten. Während die Tatsache der
Arbeit ohne Sauerstoff unbestritten ist, hat in dem Für und Wider
der Deutung der Tatsachen eine Entscheidung nicht stattgefunden.
Doch wird sie meines Erachtens zugunsten der HERMANNSchen
Theorie fallen.
Um den Einfluß des Sauerstoffmangels auf die Kontraktionen
zu untersuchen, ist Entziehung des Sauerstoffs das nächstliegende
Mittel. Praktisch ist dieser Weg jedoch bei kleinen Organen schwie-
rig. Es ist zu bedenken, daß energetisch betrachtet, der Nachweis
kleiner Bewegungen (also von Arbeit) sehr viel leichter und empfind-
licher ist, als der Nachweis energetisch entsprechender Sauerstoff-
mengen. Wenn Bewegungen noch deutlich wahrnehmbar sind,
liegt die kalorisch entsprechende 'Sauerstoffmenge" schon weit
unter der Grenze des Nachweises. Daher sind die Arbeitsmengen,
welche ein sauerstofffreier Muskel bis zur völligen Lähmung abzu-
geben vermag, wohl stets unwillkürlich überschätzt worden. Sie
betragen bei einem Froschherzen^ von etwa 0,1 Gramm Gewicht
in der Regel wohl weniger als 2000 grcm (entspr. 50 Mikrokalorien),
während ein mit Sauerstoff versorgtes Herz ceteris paribus mit
Leichtigkeit 10—20 000 grcm zu liefern vermag, bevor Ermüdungs-
erscheinungen sich stärker geltend machen. Nach 1 bis 2 Stunden
der Oxydationshemmung ist die Arbeitsfähigkeit erloschen. Neue
Zufuhr läßt annähernd die ursprüngliche Arbeitsfähigkeit wieder
erstehen. Dabei verhält sich der Muskel als ob nichts geschehen
wäre, Arbeit und Gaswechsel sind nicht wesentlich kleiner wie
früher, insbesondere ist der Sauerstoffverbrauch aber auch nicht
größer als normal, ein Nachholen der Oxydation findet nicht statt.
Kein Anzeichen weist darauf hin, daß die nicht oxydierten Spalt-
produkte nachträglich oxydiert werden. Nur darin ist der Muskel
ein anderer, daß ein wiederholter Versuch der Anoxybiose eine
nunmehr ganz rapide Erschöpfbarkeit erkennen läßt. Irgend ein
Vorrat an Energieträgern wird also verbraucht, nach LESSER ist
besonders an Glykogen, aber auch an Eiweiß und Fett zu denken.
Leider wissen wir nicht, ob außer dem Verbrauch eines Reserve-
stoffes auch die Ansammlung von lähmenden Substanzen, oder
auch eine Störung des physikalisch-chemischen Zustandes für die