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(B. 2)
V. VON WEIZSÄCKER:
partieller Cyanvergiftung bezw. bei Sauerstoffmangel erwartet
werden müßte. In jedem dieser Fälle greifen regulatorische Mecha-
nismen ein, welche den Zellstoffwechsel und die Arbeit erhöhen
und ihrer oberen Leistungsgrenze annähern. Solcherweise be-
ständig übernormal angetriebene Zellen aber hypertrophieren
nach der hier vertretenen Auffassung. Die einzelnen hier aufge-
stellten Möglichkeiten werden sich in vielen Fällen kombinieren
können und dann besonders wirksam sein, wie anderseits das zu-
weilen auffallende Fehlen der Hypertrophie oft darauf beruhen
wird, daß eines der Momente allein nicht hinreichte, etwa weil
das betr. Individuum seine körperlichen Leistungen sehr ein-
schränkt und dergl.
Gerade ,,schwache" Herzen also werden hiernach hypertro-
phieren, ein Paradoxon, welches, wie mir scheint, mit der Erfah-
rung in gutem Einklang steht. Die Herzschwäche ist nach dem
Vorhergehenden als ein Hauptanlaß für Hypertrophie anzusehen.
Diese Ansicht hat eine gewisse Beziehung zu dem, was schon des
öfteren (vgl. MoRiTz) über die Bedeutung der Dilatation gesagt
wurde. Mit Recht wurde nämlich darauf hingewiesen, daß Dila-
tation nicht notwendig ein Zeichen von Schwäche ist, insofern, als
die gedehntere Faser auch mehr Wärme und Arbeit pro Kontrak-
tion entwickelt; eine erhöhte Beanspruchung der Reservekraft
scheint mir darin aber trotzdem zu liegen, wenigstens soweit es
sich um die von MoRiTz als tonogen bezeichnete Dilatation handelt.
Solche Zustände werden also immer einen Reiz zur Hypertrophie
enthalten. Ebenso aber, nach dem Vorhergehenden, wird, bei myo-
gener, durch eine Verschlechterung der dynamischen Eigenschaften
erzeugter Dilatation die Bedingung der Hypertrophie immer
gegeben sein, wo regulierende Mechanismen den Umsatz aufzu-
peitschen suchen, wo das Herz näher der Grenze seiner Leistungs-
fähigkeit zu arbeiten gezwungen ist.
Die Besprechung der Dilatation führt zu der viel allgemeiner
zu stellenden Frage hin, ob nicht außer der Größe der Herzarbeit
noch gewisse andere gleichfalls rein mechanische Bedingungen
von Einfluß auf den Energieumsatz des Herzens sein können.
Gerade für die Frage der Hypertrophie ist dies in dem Augenblick
von wesentlichem Interesse, wo wir nicht die Arbeit, sondern
den Gesamtumsatz als maßgebend für das hypertrophische Wachs-
tum ansehen. Es ist nun ohne weiteres festzustellen, daß sicher
auch ganz andere Ursachen als die wirklich geleistete Arbeit den
(B. 2)
V. VON WEIZSÄCKER:
partieller Cyanvergiftung bezw. bei Sauerstoffmangel erwartet
werden müßte. In jedem dieser Fälle greifen regulatorische Mecha-
nismen ein, welche den Zellstoffwechsel und die Arbeit erhöhen
und ihrer oberen Leistungsgrenze annähern. Solcherweise be-
ständig übernormal angetriebene Zellen aber hypertrophieren
nach der hier vertretenen Auffassung. Die einzelnen hier aufge-
stellten Möglichkeiten werden sich in vielen Fällen kombinieren
können und dann besonders wirksam sein, wie anderseits das zu-
weilen auffallende Fehlen der Hypertrophie oft darauf beruhen
wird, daß eines der Momente allein nicht hinreichte, etwa weil
das betr. Individuum seine körperlichen Leistungen sehr ein-
schränkt und dergl.
Gerade ,,schwache" Herzen also werden hiernach hypertro-
phieren, ein Paradoxon, welches, wie mir scheint, mit der Erfah-
rung in gutem Einklang steht. Die Herzschwäche ist nach dem
Vorhergehenden als ein Hauptanlaß für Hypertrophie anzusehen.
Diese Ansicht hat eine gewisse Beziehung zu dem, was schon des
öfteren (vgl. MoRiTz) über die Bedeutung der Dilatation gesagt
wurde. Mit Recht wurde nämlich darauf hingewiesen, daß Dila-
tation nicht notwendig ein Zeichen von Schwäche ist, insofern, als
die gedehntere Faser auch mehr Wärme und Arbeit pro Kontrak-
tion entwickelt; eine erhöhte Beanspruchung der Reservekraft
scheint mir darin aber trotzdem zu liegen, wenigstens soweit es
sich um die von MoRiTz als tonogen bezeichnete Dilatation handelt.
Solche Zustände werden also immer einen Reiz zur Hypertrophie
enthalten. Ebenso aber, nach dem Vorhergehenden, wird, bei myo-
gener, durch eine Verschlechterung der dynamischen Eigenschaften
erzeugter Dilatation die Bedingung der Hypertrophie immer
gegeben sein, wo regulierende Mechanismen den Umsatz aufzu-
peitschen suchen, wo das Herz näher der Grenze seiner Leistungs-
fähigkeit zu arbeiten gezwungen ist.
Die Besprechung der Dilatation führt zu der viel allgemeiner
zu stellenden Frage hin, ob nicht außer der Größe der Herzarbeit
noch gewisse andere gleichfalls rein mechanische Bedingungen
von Einfluß auf den Energieumsatz des Herzens sein können.
Gerade für die Frage der Hypertrophie ist dies in dem Augenblick
von wesentlichem Interesse, wo wir nicht die Arbeit, sondern
den Gesamtumsatz als maßgebend für das hypertrophische Wachs-
tum ansehen. Es ist nun ohne weiteres festzustellen, daß sicher
auch ganz andere Ursachen als die wirklich geleistete Arbeit den