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Robert Lauterborn:
Nach dem Rückzug der Gletscher hat das torfmoorreiche
Moränengebiet am längsten seinen ausgesprochen nordischen
Charakter bewahrt, was auch daraus hervorgeht, daß ein so typi-
scher Tundrenbewohner wie der Goldregenpfeifer (Charadrius
apricarius) sich hier bis zum heutigen Tage erhielt. Die post-
glaziale Steppenzeit, die an dem kontinentaleren Oberrhein so
mannigfache Spuren hinterließ, .scheint das unter der Herrschaft
eines ozeanischen Klimas stehende Mündungsland des Rheins
kaum tiefer beeinflußt zu haben, im wesentlichen wohl dadurch,
daß sie die Einwanderung östlicher und südöstlicher flugbegabter
Sumpftiere, wie Löffelreiher und Bartmeise unter den Vögeln,
Aeschna viridis, Gomphus flavipes, Epitheca bimaculata, Agrion
ornatum, Erythromma viridulum unter den Libellen so weit nach
Westen begünstigte.
Wie in Norddeutschland, Dänemark und dem südlichen
Schweden dürfte sich auch im Gebiete des Niederrheins nach dem
endgültigen Verschwinden des Eises allmählich auch der Wald
wieder ausgebreitet haben, zunächst aus Birken, Espen, Kiefern,
dann vorherrschend aus Eichen und Buchen bestehend. Mit dem
Wärmerwerden des Klimas rückten auch zahlreiche präglaziale
Pflanzen und Tiere, welche die Kältezeit im Westen und Süden
Frankreichs überdauert hatten, wieder nach Norden vor, mit
ihnen auch jene atlantischen Elemente, welche jetzt namentlich
für die Torfmoore des Niederrheins so charakteristisch sind.
Am Beginn unserer Zeitrechnung waren am Niederrhein
weite Strecken mit hochstämmigem, meist aus Laubhölzern, vor-
herrschend Eichen bestehendem Urwald bedeckt, der sich ent-
lang der festen Ufer auch weit in das Delta erstreckte und erst
im Bereich der unter dem Meeresspiegel liegenden fast ständig
überfluteten Mündungsniederung gegen die Rohrsümpfe, Flach-
moore und Erlenbrüche zurücktrat. Die diluvialen Sandrücken
scheinen schon damals Heiden und Kiefernwälder getragen
zu haben. Von höheren Tieren dieser Wälder sind durch
Knochenfunde in den bis etwa zum 11. Jahrhundert benutzten
alten Wohn- und Fluchthügeln der Wurten Bär, Fuchs, Wild-
schwein, Ur, Elch, Edelhirsch, Reh usw. nachgewiesen. Auch
der Wolf fehlte nicht.
Auf keiner Strecke des Stroms sind die alten Wälder so gründ-
lich vernichtet worden wie am Niederrhein, ganz besonders im
Delta. Nirgends war aber auch der Bedarf an Holz ein so gewaltiger
Robert Lauterborn:
Nach dem Rückzug der Gletscher hat das torfmoorreiche
Moränengebiet am längsten seinen ausgesprochen nordischen
Charakter bewahrt, was auch daraus hervorgeht, daß ein so typi-
scher Tundrenbewohner wie der Goldregenpfeifer (Charadrius
apricarius) sich hier bis zum heutigen Tage erhielt. Die post-
glaziale Steppenzeit, die an dem kontinentaleren Oberrhein so
mannigfache Spuren hinterließ, .scheint das unter der Herrschaft
eines ozeanischen Klimas stehende Mündungsland des Rheins
kaum tiefer beeinflußt zu haben, im wesentlichen wohl dadurch,
daß sie die Einwanderung östlicher und südöstlicher flugbegabter
Sumpftiere, wie Löffelreiher und Bartmeise unter den Vögeln,
Aeschna viridis, Gomphus flavipes, Epitheca bimaculata, Agrion
ornatum, Erythromma viridulum unter den Libellen so weit nach
Westen begünstigte.
Wie in Norddeutschland, Dänemark und dem südlichen
Schweden dürfte sich auch im Gebiete des Niederrheins nach dem
endgültigen Verschwinden des Eises allmählich auch der Wald
wieder ausgebreitet haben, zunächst aus Birken, Espen, Kiefern,
dann vorherrschend aus Eichen und Buchen bestehend. Mit dem
Wärmerwerden des Klimas rückten auch zahlreiche präglaziale
Pflanzen und Tiere, welche die Kältezeit im Westen und Süden
Frankreichs überdauert hatten, wieder nach Norden vor, mit
ihnen auch jene atlantischen Elemente, welche jetzt namentlich
für die Torfmoore des Niederrheins so charakteristisch sind.
Am Beginn unserer Zeitrechnung waren am Niederrhein
weite Strecken mit hochstämmigem, meist aus Laubhölzern, vor-
herrschend Eichen bestehendem Urwald bedeckt, der sich ent-
lang der festen Ufer auch weit in das Delta erstreckte und erst
im Bereich der unter dem Meeresspiegel liegenden fast ständig
überfluteten Mündungsniederung gegen die Rohrsümpfe, Flach-
moore und Erlenbrüche zurücktrat. Die diluvialen Sandrücken
scheinen schon damals Heiden und Kiefernwälder getragen
zu haben. Von höheren Tieren dieser Wälder sind durch
Knochenfunde in den bis etwa zum 11. Jahrhundert benutzten
alten Wohn- und Fluchthügeln der Wurten Bär, Fuchs, Wild-
schwein, Ur, Elch, Edelhirsch, Reh usw. nachgewiesen. Auch
der Wolf fehlte nicht.
Auf keiner Strecke des Stroms sind die alten Wälder so gründ-
lich vernichtet worden wie am Niederrhein, ganz besonders im
Delta. Nirgends war aber auch der Bedarf an Holz ein so gewaltiger