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Bluntschli, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1919, 6. Abhandlung): Anatomie als pädagogische Aufgabe — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.36558#0006
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6 (B. 6)

H. BLUNTSCHLi:

bewußte Folgerungen ziehend aus dem, was ich als richtig erkannt.
Daraus hat sich mir eine Änderung der Unterrichtsweise heraus-
gebildet, die ich zum Teil seit längeren Jahren praktisch erprobte,
zum Teil in nächster Zeit allmählich durchsetzen zu können hoffe.
Wenn ich heute an dieser Stelle davon sprechen will, nicht um nun
einzelnes zu propagieren, sondern um die Gesichtspunkte einmal
klar zusammenzustellen und in Beziehung zu den Möglichkeiten,
die die Gegenwart setzt, zu bringen, so geschieht es vor allem
um dem verehrten und geliebten Lehrer, dem diese Festschrift
gewidmet ist, dessen Schüler ich mich in stets dankbarer Freude
nenne, ein Bild dessen zu geben, wie dem Schüler von einstens,
dem Lehrer von heute, die Aufgabe erscheint, an der er arbeitet.
Das Vertrauen, das Sie mir, hochverehrter Herr Jubilar geschenkt
haben, als Sie mir den Weg zu wissenschaftlichem Forschen und
Lehren erschlossen und durch nie versagende Anteilnahme auch
in trühen Zeiten leichter zu machen verstanden, es gibt mir den
Mut mit gleicher Offenheit und Überzeugungstreue sine ira et
studio hier von den Aufgaben zu reden, die Sie — des bin ich
sicher — mit Interesse und Lebhaftigkeit verfolgen, wie alles,
was unsere anatomische Wissenschaft betrifft. Was Nietzsche ein-
mal aussprach, daß der dem Lehrer schlecht lohne, der immer
nur Schüler bleibe, das will ich hier beherzigen.
Das Wissensgebiet der Anatomie des Menschen — nur an
diese, allerdings nicht im engen Sinne des reinen Spezialisten,
sondern in dem des echten Naturforschers, denken wir hier — ist
ein sehr umfassendes und wenn im folgenden die pädagogische
Aufgabe desselben gekennzeichnet werden soll, ist zunächst eine
Verständigung darüber notwendig in welchem Sinne und Umfang
der Namensbegriff dieser Wissenschaft von uns verstanden werden
soll. Daß dabei der wort-wörtliche Sinn nicht ausreichen kann,
insofern er ja eine Methode und nicht einen vielseitigen Wissens-
inhalt vorstellt, ist klar; so verstehen ja auch heute weder die
Gelehrten noch die Laien das, was sie mit dem Begriff Anatomie
meinen. Sie denken vielmehr an die Lehre vom Bau, von den
Form- und Strukturverhältnissen des menschlichen Körpers und
da die täglichen Erfahrungen des Lebens besagen, daß alles Leben-
dige eine Bestimmung, einen Sinn hat, der sich in Leistungen und
Beziehungen ausdrückt, so gesellt sich zu der Frage wie unser
Organismus gebaut und zusammengesetzt sei, stets auch die andere
 
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