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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph; Schelling, Caroline; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Frank, Erich [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 1. Abhandlung): Rezensionen über schöne Literatur von Schelling und Caroline in der Neuen Jenaischen Literatur-Zeitung — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32876#0048
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40

Erich Frank :

handlungen, und mancher häuslicher Scenen in ilirer äußersten Nacktheit auf-
gefaßt. Oft nimmt die Schreiberin Begebenheiten und Personen als bekannt
an, die nicht. erwähnt wurden, oder deutet auf solche hin, die niclrt kommen,
und verräth auch dadurch convulsivische Anfälle, welche ihr jedoch Besonnen-
heit genug lassen, daß, indem sie ihre letzte Zuflucht bey einem Schriftsteller
fmdet, sie Gelegenheit nimmt S. 214 B. 2 unter andern anzurühmen : Gott
Wezels Zuchtruthe des Menschengeschlechts und das silberne Kalb. In Betracht
des ersten ist es allerdings bemerkenswerth, wie Jemand, der um seinen Ver-
stand gekommen ist, noch einen dergleichen finden muß, der ihn tragiret. Von
dem letzten heißt es, ,,Hier finden sich die tiefsten Lehren im Gewand der
Satyre, die kernigsten Speisen mit sokratischer Liebenswürdigkeit, ein Kern
mächtiger Gelehrsamkeit, und was das schönste ist, so eingerichtet, daß jeder
an dem Gericht Theil nehmen kann. — Jeder Gedanke ist eine Copie der Welt.
In jeder Idee wird eine Paradoxie der alten und neuen Welt gerochen, sie
treffen neben den Einsichten des Griechen, Perser, Indier, Deutschen und
Franzosen jedesmal die feine Grenzlinie, wodurch eine jede dieser Nationen
von einander abweicht etc.“ Man würde dieses gern für einen Zusatz von
bloß merkantilischer IJand gelten lassen, besonders wie weiterhin das Buch :
Gciloppaden und Bockspringe doch allzu schamlos, offenbar dadurch empfohlen
werden soll, daß „die Sage gehe, sie wären sehr schlüpfrig geschrieben,
könnten aber als ein historisches Denkmahl mit Wort und Werken belegt
werden allein es sind diese Ilors d’ceuvres mit dem Innern der Werke nur
zu sehr aus gleichem Stück. Durch eine glückliche Wendung schließt jener
Selbstrecensent mit den Worten : man würde „sich einen Begriff von der
Scheuslichkeit eines Zeitalters machen können, in dem solche Far<jen er-
schienen“ — was ihm gewissermaßen nicht abzuleugnen steht.
5) Diiesden, b. Arnold : Röschens Geheimnisse von dem Verfasser des Weibes
wic es ist. 1805. Zwey Theile. 260 S. 8. Dritte durchaus verbesserte
und wohlfeile Ausgabe. (1 Rthlr. 12 gr.)
Diesen Geheimnissen müssen wir nachrühmen, daß sie nicht so verfäng-
lich sind wie ihr Titel es andeuten könnte, nämlich nichts weniger als ver-
führerisch. Man empfielilt sie sogar hie und da den Frauen als eine nütz-
liche, zur Selbstkenntniß führende Lectüre. Bev alle dem ist diese moralische
Seite die sclilechteste an ihnen. Denn sie stellen nicht etwa das Bild eines
weiblichen Wesens auf, das durch lockende Umgebung und gewöhnliche
Schwachheit in den Irrgarten der Liebe gezogen wird, sondern eines solchen,
das ganz ursprünglich dazu bestimmt ist, sich, wie es die Umständc eben
wollen, mißbrauchen zu lassen ; eines Röschens, das schon in der Ivnospe welk
war, und eine unverclorbene Jugend nur durch clie Gestalt heuchelt. Ihr an-
fängliches Verhältniß zu dem Hofrath und die erste Unterhaltung mit ihm zeigt
hinlänglich, wie wenig sie im Stande war, auch nur clie gemeinste Schonung
einzuflösen, und jede nachfolgcnde Begebenheit ist entweder innerliche, oder
äußerliche Entehrung, ohne Charakter und ohne Leidenschaft. Ein solcher
Spiegel der Weiblichkeit, wo sie in einer gänzlichen und waffenlosen Leer-
heit angenommen wird, kann in cler That niclits beytragen ihrer Würde auf-
zuhelfen ; und das Weib ivie es ist im Sinne dieses Vf. ist ganz und gar
werth jenes anderen bekannten Tugendspiegels des Weibes wie es seyn sollte.
Niedrigkeit der Ansicht hat aucli manche Ungeschicklichkeit in der Darstellung
 
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