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WlLHELM BRAUNE:
finis versus cum altero concordans, vuigo rima^). Auch in Deutsch-
land findet sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das
fateinische rhythmus in der neuen Bedeutung schon bei einem der
iateinisch schreibenden Verfasser deutscher Grammatiken, die im
Anhang nach dem Aluster der lateinischen Grammatiken einen
Abschnitt "de prosodia" geben. Zwar bei Albert Ölinger (1573)
(ed. W. ScnEEL, Halle 1897) ist rythmus ganz im alten Sinne
gebraucht, vergf. S. 122: ... 'in hac nostra fingua loco versuum
varios rythmos conficere solemus, non a dimensione pedum, sed
numero syllabarumh Darauf folgende 'exempfa rythmorum'
(zweisifbige bis achtsilbige Verse) usw. Auch bei Laurentius
Afbertus (1573) (ed. MüLLER-FRAUREUTH, Straßburg 1895) S. 150
heißt es: 'Et quia per Homoeoteleuta aut Homoeoptota . . eodem
sono exire, et iisdem syllabis ac literis finiri debent, igitur dicun-
tur nobis carmina Reymen, Graecis rhythmi, Latinis consonantiae
et modulationes'. Hier wird ebenfalls rythmus noch als ganzer
^) Das mittelniederländische, dessen Dichtnng in viel engerer und länger
andauernder Abhängigkeit von der französischen stand, als die mittelhoch-
deutsche, hat /'b?re vorwiegend als schwaches fem., gemäß dem afz. fem. rhne,
übernonimen; wenn daselbst auch das masc. ripn gebraucht wird, so kann
das auf mhd. Einflusse beruhen. Ini neundl. ist T-d'm neutrum. Das mndl.
Wort hat nach dem umfänglichen von VeRDAM zusanimengestellten Beleg-
material im wesentlichen dieselbe Bedeutung wie mhd. ruu.: 1) Vers, 2) Dicht-
werk, 3) dichterische Form, im Gegensatz zui' Prosa: es schließt sich danüt
an den Gebrauch des frz. Stammwortes an. Wenn Verdam unter 3) auch
schon einige mndl. Beispielc für die jetzt so gut wie ausschließlich bekannte
Bedeutung von rp'm (= Endreim) beizubringen hat, so könnte dies mit dem
fortdauernden Einflusse des afz. Wortes zusanimenhängen, welches wie oben
S. 31 hervorgehoben ist, schon ini Mittelalter anfing die auf den Versschluß
verengte Bedeutung zu entwickeln, die später ini frz. alleinherrschend und von
dort nach Deutschland übertragen wurde. Aber VERDAMS nindi. Beispiele
sind unsichei'. In Betracht komnien nui' die beiden aus Maei'lant. Die Steile
Alex. IV, 385 me? rbne7?. n/ bezieht sich allei'dings auf das, was
wir jetzt 'überschlagende Reime' nennen würden (vgl. Mndl. Wb. 5, 2277).
Aber man kann ebensogut 'überschlagende Verse' übersetzen; vgl. das oben
S. 14 zu ü&7'uw/e7!, /'Dne Bemerkte. Und in der Stelle Franc. 131 ist 7-1/771
entschieden mit 'Vers' zu übersetzen. Denn Maerlant spricht von vielerlei
Frcmdwörtern, auch lateinischen, griechischen und hebräischen, die im
Texte vorkämen. Beim schwachen Verb /'Zme/a (6,1420f.) gibt V'ERDAM selbst
nur die Bedeutungen 'Verse niachen, dichten' an und bemerkt ausdrüc.klich,
daß für die moderne Bedeutung 'reimen' bis jetzt keine nindl. Beispiele bei-
gebracht seien. Es bewendet also bei der oben angeführten Stelle Kiliaens
aus dem Iß.Jahrhundert.
WlLHELM BRAUNE:
finis versus cum altero concordans, vuigo rima^). Auch in Deutsch-
land findet sich in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts das
fateinische rhythmus in der neuen Bedeutung schon bei einem der
iateinisch schreibenden Verfasser deutscher Grammatiken, die im
Anhang nach dem Aluster der lateinischen Grammatiken einen
Abschnitt "de prosodia" geben. Zwar bei Albert Ölinger (1573)
(ed. W. ScnEEL, Halle 1897) ist rythmus ganz im alten Sinne
gebraucht, vergf. S. 122: ... 'in hac nostra fingua loco versuum
varios rythmos conficere solemus, non a dimensione pedum, sed
numero syllabarumh Darauf folgende 'exempfa rythmorum'
(zweisifbige bis achtsilbige Verse) usw. Auch bei Laurentius
Afbertus (1573) (ed. MüLLER-FRAUREUTH, Straßburg 1895) S. 150
heißt es: 'Et quia per Homoeoteleuta aut Homoeoptota . . eodem
sono exire, et iisdem syllabis ac literis finiri debent, igitur dicun-
tur nobis carmina Reymen, Graecis rhythmi, Latinis consonantiae
et modulationes'. Hier wird ebenfalls rythmus noch als ganzer
^) Das mittelniederländische, dessen Dichtnng in viel engerer und länger
andauernder Abhängigkeit von der französischen stand, als die mittelhoch-
deutsche, hat /'b?re vorwiegend als schwaches fem., gemäß dem afz. fem. rhne,
übernonimen; wenn daselbst auch das masc. ripn gebraucht wird, so kann
das auf mhd. Einflusse beruhen. Ini neundl. ist T-d'm neutrum. Das mndl.
Wort hat nach dem umfänglichen von VeRDAM zusanimengestellten Beleg-
material im wesentlichen dieselbe Bedeutung wie mhd. ruu.: 1) Vers, 2) Dicht-
werk, 3) dichterische Form, im Gegensatz zui' Prosa: es schließt sich danüt
an den Gebrauch des frz. Stammwortes an. Wenn Verdam unter 3) auch
schon einige mndl. Beispielc für die jetzt so gut wie ausschließlich bekannte
Bedeutung von rp'm (= Endreim) beizubringen hat, so könnte dies mit dem
fortdauernden Einflusse des afz. Wortes zusanimenhängen, welches wie oben
S. 31 hervorgehoben ist, schon ini Mittelalter anfing die auf den Versschluß
verengte Bedeutung zu entwickeln, die später ini frz. alleinherrschend und von
dort nach Deutschland übertragen wurde. Aber VERDAMS nindi. Beispiele
sind unsichei'. In Betracht komnien nui' die beiden aus Maei'lant. Die Steile
Alex. IV, 385 me? rbne7?. n/ bezieht sich allei'dings auf das, was
wir jetzt 'überschlagende Reime' nennen würden (vgl. Mndl. Wb. 5, 2277).
Aber man kann ebensogut 'überschlagende Verse' übersetzen; vgl. das oben
S. 14 zu ü&7'uw/e7!, /'Dne Bemerkte. Und in der Stelle Franc. 131 ist 7-1/771
entschieden mit 'Vers' zu übersetzen. Denn Maerlant spricht von vielerlei
Frcmdwörtern, auch lateinischen, griechischen und hebräischen, die im
Texte vorkämen. Beim schwachen Verb /'Zme/a (6,1420f.) gibt V'ERDAM selbst
nur die Bedeutungen 'Verse niachen, dichten' an und bemerkt ausdrüc.klich,
daß für die moderne Bedeutung 'reimen' bis jetzt keine nindl. Beispiele bei-
gebracht seien. Es bewendet also bei der oben angeführten Stelle Kiliaens
aus dem Iß.Jahrhundert.