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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 4. Abhandlung): Die Isisweihe bei Apuleius und verwandte Initiations-Riten — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37637#0048
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Martin Dibelius:

Der Anfang der 42. Ode hat fast denselben Wortlaut mit
Ausnahme des dritten Verses, dessen Text nicht mehr sicher herzu-
stellen ist1. In beiden Oden wird eine Handlung geschildert, bei
der der Gläubige — wohl unter Anwendung der Gebetsgeste —
die Stellung des Gekreuzigten einnimmt. Und diese Handlung
ist ein Sakrament. Der Beter wird durch sie vergöttlicht und
redet nun in 42, 4= ff., als Christus (vgl. S. 47 Anm. 5). Vielleicht
ist hier, wie Bousset2 vermutet hat, nicht auf das irdische Kreuz
Christi, sondern auf sein kosmisches Gegenbild, das himmlische
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bestritten mit dem Hinweis, daß 42,4ff. ein Triumphlied des Christus sei. Aber
eines schließt das andere nicht aus. Zunächst gilt es festzuhalten, daß der
zitierte Text („sein Zeichen“) und wahrscheinlich auch der irgendwie ent-
stellte Vers 3 in 42 (wo von Christus als dem „Rechtschaffenen“ oder „Auf-
gerichteten“ die Rede ist, siehe nächste Anmerkung) von dem Erlöser in der
dritten Person reden, und daß auch die Anspielung auf den Gebetsgestus
eher dem Christen als dem Christus zuzuschreiben ist. Dann enthält 42, 1—3
die Darstellung der Weihe: der Betende wird durch das geschilderte Sakra-
ment vergöttlicht und dadurch Christus gleich; 42,4—12 redet er nun als Christus
von seiner Gemeinschaft mit den Gläubigen (42,6 „ich rede durch ihren Mund“
—- so geschieht es eben in dieser Ode), 42,13—26 schildert dieser Christus seine
Hadesfahrt. Ebenso wird in Ode 17,1—7 beschrieben, wie der Myste „Antlitz
und Gestalt einer neuen Person“ empfing, wie Gottes Gnade ihn „groß werden
ließ“; dann, 17, 8—14, folgt die Darstellung der Hadesfahrt Christi, und in
dem Lobpreis am Ende 17,15 grüßt der Beter, nun wieder Mensch, (oder die
Gemeinde) den „Gesalbten“. Auch in Ode 10,4ff. und 36,3 ff. spricht der Dichter
als Christus, und auch dort kann man wenigstens vermuten, daß die ersten
Verse schildern wollen, wie er vergöttlicht, wie er zum Christus wurde: er
ließ „in mir wohnen sein unsterbliches Leben“ (10,1), der Geist des Herrn
„erhob mich zur Höhe“ (36,1). Da sich der Übergang vom menschlichen zum
göttlichen ich demnach in mehreren Oden findet, kann ich es nicht für rich-
tig halten, wenn man dieselbe Erscheinung in Ode 42 durch Abtrennung der
ersten drei Verse oder durch Interpretation der ersten Verse auf Christus zu
beseitigen sucht. Vgl. auch Kittel, Die Oden Salomos 136ff.
1 Abweichungen in Ode 42: in V. 1 „nahte mich“ statt „heiligte sie“
— aber die Variante bestätigt nur den sakramentalen Charakter der Hand-
lung; in V. 2 „das Zeichen dafür“ (Codex H) statt „sein Zeichen“, aber nach
Ode 27 hatte schon Ungnad verbessert, und der zweite Codex N (siehe Kit-
tel, Zeitschr. f. neutest. Wiss. 1913, S. 91) bestätigt, daß auch in Ode 42
„sein Zeichen“ zu lesen ist. V. 3 heißt in 42: „mein Ausstrecken (ist) das
ausgestreckte Holz, das am Wege des Rechtschaffenen aufgehängt war“.
Frankenberg (Das Verständnis der Oden Salomos S. 44) korrigiert nach 27;
Gressmann (Zeitschr. f. neutest. Wiss. 1910, S. 302) vermutet: „und das
Ausstrecken des ausgestreckten Holzes, an dem der Aufgerichtete am Wege
hing“.
2 Zeitschr. f. neutest. Wissensch. 1913, 273ff.
 
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