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Hermann Güntert:
„wurde durchbohrt“, tal-pwyt „wurde gezahlt“ zu den Verben
gwassanaethu, gwanu, talu. Ich denke, dies ist eine starke Stütze
für unsere Ansicht über das italische Imperfektum, um so mehr,
als das Keltische mit dem Italischen auch sonst viele Berührungen
zeigt: unbestreitbare Tatsachen beweisen also, daß das Antreten
eines Hilfsverbums an einen Verbalstamm für das Italische nichts
Auffallendes hat.
20. Wie freilich im einzelnen in den ersten Fällen diese Um-
gestaltung alter Aoriste zum neuen Imperfekt vor sich gegangen
war, wie etwa eine 3. Sing. *leget (= gr. zu *lege-fät
wurde, ist bei dem vorhistorischen Alter des Vorgangs philologisch
nicht mehr nachzuweisen, und nur auf dem Weg der Hypothese
vermag man hier weiterzukommen: Man könnte sich wohl denken,
daß aus einer engeren Zusammenrückung *leget-fät lautgesetzlich
ein *lege-fät hervorging; auch *leges-fäs führte zu *lege-fäs. So
kam man zum „Stamme“ lege-, der sich nun leicht verallgemeinerte.
Besonders wichtig scheint mir die Erwägung, daß es bei der frag-
lichen Ausgestaltung dem Sprachgefühl bald so scheinen mußte,
als handle es sich um ein neues „Infix“ -fä- : so wurde leicht,
ja geradezu mechanisch eine 1. Plur. *lege-mus zu Hege-fä-mus,
eine 2. Plur. *lege-tis zu Hege-fä-tis erweitert, indem die Silbe
-fä- zwischen Stamm und Endung trat1. Sind wir mit diesem
„Einfühlen“ in das Sprachempfinden längst vergangener Zeiten
nicht ganz im Irrtum, so wäre dieser Einblick in die Werkstätte
der Sprachschöpfung von hohem prinzipiellen Werte: er ließe
uns an einem lehrreichen Beispiel das Entstehen infigierter
Verbalbildungen begreifen, deren Erklärung bekanntlich der
Sprachwissenschaft immer noch die größten Schwierigkeiten
bietet. Ähnlich möchte ich mir auch in den anderen Sprachen
die Entstehung der Umbildungen durch ein angehängtes Hilfs-
verbum denken, wo oft der lautgesetzliche Abfall der Endkonso-
nanten die Neubildung erleichterte, z. B. vgl. ahg. be aus *bhue-
in der 2. und 3. Sing, des Imperfekts zu byti, preuß. be „war“ neben
bease. Wie man aber auch darüber denken mag, die Tatsache
der Umbildung selbst läßt sich nicht bestreiten.
1 Vgl. damit Perfekt und Plusquamperfekt im Balüci: man sutän
(bzw. sutagän) „ich bin gekommen“ gegen man sutatän (bezw. sutagatän)
„ich war gekommen“. Gr. d. ir. Phil. Ib, 2, 244.
Hermann Güntert:
„wurde durchbohrt“, tal-pwyt „wurde gezahlt“ zu den Verben
gwassanaethu, gwanu, talu. Ich denke, dies ist eine starke Stütze
für unsere Ansicht über das italische Imperfektum, um so mehr,
als das Keltische mit dem Italischen auch sonst viele Berührungen
zeigt: unbestreitbare Tatsachen beweisen also, daß das Antreten
eines Hilfsverbums an einen Verbalstamm für das Italische nichts
Auffallendes hat.
20. Wie freilich im einzelnen in den ersten Fällen diese Um-
gestaltung alter Aoriste zum neuen Imperfekt vor sich gegangen
war, wie etwa eine 3. Sing. *leget (= gr. zu *lege-fät
wurde, ist bei dem vorhistorischen Alter des Vorgangs philologisch
nicht mehr nachzuweisen, und nur auf dem Weg der Hypothese
vermag man hier weiterzukommen: Man könnte sich wohl denken,
daß aus einer engeren Zusammenrückung *leget-fät lautgesetzlich
ein *lege-fät hervorging; auch *leges-fäs führte zu *lege-fäs. So
kam man zum „Stamme“ lege-, der sich nun leicht verallgemeinerte.
Besonders wichtig scheint mir die Erwägung, daß es bei der frag-
lichen Ausgestaltung dem Sprachgefühl bald so scheinen mußte,
als handle es sich um ein neues „Infix“ -fä- : so wurde leicht,
ja geradezu mechanisch eine 1. Plur. *lege-mus zu Hege-fä-mus,
eine 2. Plur. *lege-tis zu Hege-fä-tis erweitert, indem die Silbe
-fä- zwischen Stamm und Endung trat1. Sind wir mit diesem
„Einfühlen“ in das Sprachempfinden längst vergangener Zeiten
nicht ganz im Irrtum, so wäre dieser Einblick in die Werkstätte
der Sprachschöpfung von hohem prinzipiellen Werte: er ließe
uns an einem lehrreichen Beispiel das Entstehen infigierter
Verbalbildungen begreifen, deren Erklärung bekanntlich der
Sprachwissenschaft immer noch die größten Schwierigkeiten
bietet. Ähnlich möchte ich mir auch in den anderen Sprachen
die Entstehung der Umbildungen durch ein angehängtes Hilfs-
verbum denken, wo oft der lautgesetzliche Abfall der Endkonso-
nanten die Neubildung erleichterte, z. B. vgl. ahg. be aus *bhue-
in der 2. und 3. Sing, des Imperfekts zu byti, preuß. be „war“ neben
bease. Wie man aber auch darüber denken mag, die Tatsache
der Umbildung selbst läßt sich nicht bestreiten.
1 Vgl. damit Perfekt und Plusquamperfekt im Balüci: man sutän
(bzw. sutagän) „ich bin gekommen“ gegen man sutatän (bezw. sutagatän)
„ich war gekommen“. Gr. d. ir. Phil. Ib, 2, 244.