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Güntert, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1917, 8. Abhandlung): Zur Herkunft und Bildung des italischen Imperfekts: eine sprachwissenschaftliche Untersuchung — Heidelberg, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.37641#0034
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Hermann Güntere:

Album Kern 275)1. Jedenfalls kann es also nur wünschenswert
sein, für die so kräftige Aoristbildung von zwei Seiten her eine
Erklärung zu gewinnen. Wenn anderseits manche, wie Thumb in
Brugmanns Gr. Gr.4 327 und Gesch. d. idg. Spr. II, 1, 70 (1916),
Sommer Sprachgesch. Erläut. f. d. griech. Unterricht (1917), 97,
an die Kompositionstheorie nicht recht glauben wollen, so ist daran
nichts als die Schwierigkeit schuld gewesen, das erste Glied dieser
Wortfuge morphologisch scharf zu fassen: ein „infinitivartiges
Nomen“ (Brugmann Grdr.2 * II, 3, 173) wird es jedenfalls nicht
gewesen sein, weil solche selbständig in dieser Form nicht begegnen.
Wer unseren Ausführungen gefolgt ist und sogut in lat. calefaciö,
patefaciö wie in legebcim, agebam. im ersten Glied alte Tempus-
stämme wiedererkannt hat, der wird die Kompositionstheorie
im Falle des schwachen Passivaorists nur dann annehmen können,
wenn auch hier in den Vorbildern und Mustern Tempusstämme
stecken, die man durch das Anhängen eines Hilfsverbums verdeut-
licht hat: es müssen alte Aoriststämme im ersten Glied
vor dem Ausgang -Atjv vorliegen. Den Beweis dafür zu liefern,
dürfte deshalb nicht schwer fallen, weil man ja auch bei Wacker-
nagels Theorie von dem ursprünglichen Zusammenhang zwischen
A^v-Aorist und medialem, intransitiven Wurzelaorist und von
einer Verschiebung ursprünglich intransitiv-medialer zu rein
passivischer Funktion ausgehen muß: die beiden Theorien treffen
im Endweg eine gute Strecke zusammen und stützen sich dadurch
gegenseitig. Ich begnüge mich mit dem Hinweis auf Fälle, wie
eSo-to : eSo-At;, eAe-to : ete-Ayj, extoc-to : Ixtoc-Atj, eo^s-to neben eo^e-Ay),
Eops-To : eupE-Av], sßVypTo : sß)o)-AY], £X.u-To : s^u-Atjv usw., wie
sie bei Brugmann-Thumb Gr. Gr.4 326 schon genannt sind. Vgl.
auch noch e-Zyj-gAtjv : -kyj-To, lat. ple-bat. Alles weitere, die
Bedeutungsentwicklung von medialer Bedeutung zur passiven,
die Ausbildung des Suffixes -gAyjv, wozu man übrigens auf gr.
E-TPojG-AYjv^ ai. Aor. d-präh „füllte“ aus *d-präs-t achte, — all dies
bleibt so, wie es Wackernagel dargestellt hat. Man hat also auch
im Griechischen alte Aoriststämme durch Anhängung eines Hilfs-
verbums neu hergerichtet; nur wählte man hier dazu ein Verbum
mit der Bedeutung „tun“, — ein „Tatverbum“ (s. o. § 16). Ein
1 Es ist bemerkenswert, daß man für das german. Sprachgebiet gegen
die Folgerungen aus der ganz analogen Gleichung got. wuldes — ai. vrthäh,
got. mundes = ai. mathäh viel skeptischer ist, vgl. Collitz Prät. 19f., Brug-
mann PBB 39, 96.
 
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