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Driesch, Hans [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1918, 3. Abhandlung): Logische Studien über Entwicklung, 1 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.37665#0060
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60

HANS DRIESCH:

Nun gelten freilich von Anfang an die menschlichen Personen,
welche Urheber alles geschichtlichen Tuns sind, als p^ycAo-physische
Wesen, sei es in naiver Form, sei es in logisch geklärter. Ihre
Seelenhaftigkeit steht letzthin zur Untersuchung; alles Ding-
hafte gilt nur als ihr Anzeichen. Alan sagt ,,Kunst-", ,,Wissen-
schafts-", ,,Alusik-"geschichte und man untersucht unmittelbar
auch in der Tat vergleichend* die naturhaften Ergebnisse künst-
lerischen und wissenschaftlichen Tuns; aber man meint doch
immer Geschichte des Seelenhaften, das AVerke der Kunst, AVissen-
schaft und Alusik geboren hat. ,,Das Bewußtsein", obschon als
,,Subjekt" gefaßt, wird hier für das AcA zum Objekt^; es darf,
hei hinreichender Vorsicht, mit EucKEN ,,Geist" genannt werden,
wobei noch gar nicht einmal der empirisch-wirkliche Boden mit
dem metaphysischen vertauscht zu werden braucht.
AVenn anders nun im Gebiet der Geschichte überhaupt zu
Gunsten einer Evolution entschieden werden kann, so würde es
sich jedenfalls nur um das evolutive AAVsen einer Seite dessen
handeln, was überhaupt in der Alenschheit sich offenbart, um die
als ,,Seelisches" erscheinende Seite nämlich. Die Frage wird also
immer verwickelter, wie schon allein daraus hervorgeht, daß in
jeder Einzelperson das Seelische .erneut, von seinen ersten Ur-
sprüngen an sich aufhauend, zutage tritt. Schon in der Phylo-
genie, wenn sie etwa von der Entwicklung des AAhrheltiergehirns
redet, wurde ja freilich bildlich gesprochen; nicht die Reihe der
Hirnformen entwickelt sich als solche, sondern ein unfaßbares
Etwas, von dem ,,Gehirn" eine bestimmte Ausdrucksseite ausmacht.
Eigentliche Geschichtsforschung aber geht aus von der Unter-
suchung von Bildungen, also etwa Bildern oder Büchern, welche
sogar erst AAGrkungen einer bestimmten Seite eines unfaßbaren
sich entwickelnden Etwas sind, und zwar einer sich nicht als solche,
sondern nur in diesen AVirkungen anschaulich äußernden Seiteh -

b.
Nur unter dem Gesichtspunkt kann Geschichte
überhaupt logisch befriedigend bearbeitet werden; könnte sie es
unter diesem nicht, so könnte sie es überhaupt nicht. WiNDEL-
i Das einzelne Kunstwerk rein als solches geht die Ästhetik an.
3 Vgl. die gute Erörterung von W. ScHULZE-SoELDE, Gesc/u'cTae eds
HüssenscAap, 1917.
s Hierzu F/;d. d. 0/-^. I, S. 300 ff.
 
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