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O. Weinreich:
§57. Ist unsere Mneme die orphische Göttin? Die Frage muß
mindestens aufgeworfen werden; eine Antwort läßt sich aber nur
dann wagen, wenn auch andere Berührungen dieses Mystenkreises
mit der orphischen Mysterienwelt aufgezeigt werden können.
Darüber wird unten im Zusammenhang zu sprechen sein, §82ff.
§ 58. Oder müssen wir einen andern Faden verfolgen? Von Pytha-
goras wurde gerühmt, daß er im Leben und im Tode μνήμην
gehabt habe an das, was er erlebte (Diog. Laert. VII 4; Dieterich,
Nekyia 90). Die Seligen leben έν μνήμαις καί λόγοις των γεγονότων
καί οντων, die Gottlosen άγνοια καί λήθη (Dieterich 91). Spielt
Pythagoreisches in unserer Mneme mit ? Wir lernten ja schon aus
Philadelpheia jenes Relief des Pythagoras mit Αρετή kennen, mit
dem pythagoreischen Symbol des Zweiweges (§25); sollte es da
auch die zwei Quellen gegeben haben ? Wir fanden sie eben im
Trophoniosheiligtum, wo auch Ag. Tvche und Ag. Daimon saßen.
Ist das zufällige Kultverbindung, oder wirkt hier Spekulation mit
(vgl. Dieterich, Nekyia 90) ? Läßt sich die pythagoreische Ent-
wicklung des Tychebegriffes, über die eben Immisch in der § 25
zitierten Schrift S. 79L, 83f. sprach, irgendwie verwerten, mit der
Tatsache verbinden, daß hier Tvche, Daimon, Mneme aufeinander
folgen? Oder ist das orphisch ? Denn im orphischen Hymnenbuch
folgen sich 72 Tyche, 73 Daimon, 77 Mnemosyne.
Lauter Fragen, die ich nur stellen, nicht beantworten kann.
Vielleicht gelingt es bewanderteren Mitforschern.
§ 59. Z. 11. Chariten.
Ihr Kult in Philadelpheia ist außer durch unsere Inschrift
auch gesichert durch Münzen der Stadt, vgl. Imhoof-Blumer,
Nymphen und Chariten auf griech. Münzen, 1908, S. 202f. (= Journ.
Internat, d’archeol. numismat. XI).
Wegen der Beziehungen von Philadelpheia zu Pergamon (§6
Ende) sei die pergamenische Weihung ταΐς Χάρ]ισιν I. v. P. 343
und das Charitenbild des Bupalos έν τω Άττάλου θαλάμω in Perga-
mon (Pausan. IX 35, 6) erwähnt. Wie ihnen bei den μεγάλα
μυστήρια in Eleusis geopfert wurde, und sie auch sonst in Bezie-
hung zu Mysterien stehen (Escher, PW.III 2163), so sind sie auch
hier am Platz. Vor allem auch ihrer guten Gaben wegen, die sie
den Menschen verleihen. Statt vieler Stellen, die das veransehau-
O. Weinreich:
§57. Ist unsere Mneme die orphische Göttin? Die Frage muß
mindestens aufgeworfen werden; eine Antwort läßt sich aber nur
dann wagen, wenn auch andere Berührungen dieses Mystenkreises
mit der orphischen Mysterienwelt aufgezeigt werden können.
Darüber wird unten im Zusammenhang zu sprechen sein, §82ff.
§ 58. Oder müssen wir einen andern Faden verfolgen? Von Pytha-
goras wurde gerühmt, daß er im Leben und im Tode μνήμην
gehabt habe an das, was er erlebte (Diog. Laert. VII 4; Dieterich,
Nekyia 90). Die Seligen leben έν μνήμαις καί λόγοις των γεγονότων
καί οντων, die Gottlosen άγνοια καί λήθη (Dieterich 91). Spielt
Pythagoreisches in unserer Mneme mit ? Wir lernten ja schon aus
Philadelpheia jenes Relief des Pythagoras mit Αρετή kennen, mit
dem pythagoreischen Symbol des Zweiweges (§25); sollte es da
auch die zwei Quellen gegeben haben ? Wir fanden sie eben im
Trophoniosheiligtum, wo auch Ag. Tvche und Ag. Daimon saßen.
Ist das zufällige Kultverbindung, oder wirkt hier Spekulation mit
(vgl. Dieterich, Nekyia 90) ? Läßt sich die pythagoreische Ent-
wicklung des Tychebegriffes, über die eben Immisch in der § 25
zitierten Schrift S. 79L, 83f. sprach, irgendwie verwerten, mit der
Tatsache verbinden, daß hier Tvche, Daimon, Mneme aufeinander
folgen? Oder ist das orphisch ? Denn im orphischen Hymnenbuch
folgen sich 72 Tyche, 73 Daimon, 77 Mnemosyne.
Lauter Fragen, die ich nur stellen, nicht beantworten kann.
Vielleicht gelingt es bewanderteren Mitforschern.
§ 59. Z. 11. Chariten.
Ihr Kult in Philadelpheia ist außer durch unsere Inschrift
auch gesichert durch Münzen der Stadt, vgl. Imhoof-Blumer,
Nymphen und Chariten auf griech. Münzen, 1908, S. 202f. (= Journ.
Internat, d’archeol. numismat. XI).
Wegen der Beziehungen von Philadelpheia zu Pergamon (§6
Ende) sei die pergamenische Weihung ταΐς Χάρ]ισιν I. v. P. 343
und das Charitenbild des Bupalos έν τω Άττάλου θαλάμω in Perga-
mon (Pausan. IX 35, 6) erwähnt. Wie ihnen bei den μεγάλα
μυστήρια in Eleusis geopfert wurde, und sie auch sonst in Bezie-
hung zu Mysterien stehen (Escher, PW.III 2163), so sind sie auch
hier am Platz. Vor allem auch ihrer guten Gaben wegen, die sie
den Menschen verleihen. Statt vieler Stellen, die das veransehau-