Hugo Koch:
Verdammnis eher in einem völligen Ausschluß zu liegen als in
einer Bußleistung im Vorhof, die ,,pulsantibus patefacit“ (de paen.
7, 10), die ein „absolvi“ (9, 6; 10, 8), „reconciliari“ (7, 14), „resti-
tui“ (8, 4; 12, 7 u. 9) bewirkt und durch „zeitliche Trübsal“ vor
den „ewigen Strafen“ bewahrt (9, 5; vgl. 12, 2f.: ignis aeterni . . .
judicii perpetuitatem). Darnach wären in Apol. 39 „monstra“
gemeint. Und doch ist es wieder nicht wahrscheinlich, daß Ter-
tullian nur solche widernatürliche Sünden im Auge habe. Viel-
mehr wird er sich seinen Zwecken entsprechend in Apol. 39 über
die Strafe etwas kräftiger und voller, in De paen. über die Wir-
kung der Buße etwas milder und zugleich ungenauer ausdrücken,
als er eigentlich sollte, und so werden dort eben solche Haupt-
sünden gemeint sein, die nach anderwärtigen Anhaltspunkten mit
Ausschluß bestraft worden sein müssen. Die Kirchenbuße in
vestibulo braucht diesen Sündern nicht gerade verweigert worden
zu sein — es müßte denn nur die ursprüngliche kirchliche Übung
noch strenger gewesen sein als die spätere montanistische und
Sünder, die der Montanismus zur Buße in vestibulo (ohne Aussicht
auf den Frieden) zuließ, mit völliger Ausstoßung bestraft haben.
Wie dem sein möge, soviel geht aus Apol. c. 39 auf jeden
Fall hervor, daß auf gewisse Sünden „Relegation“ d. h.
dauernder Ausschluß aus der Gebets- und Sakraments-
gemeinschaft gesetzt war. Denn auf einen dauernden Ver-
lust der pax weist das „summum futuri judicii praejudicium“ un-
bedingt hin1.
1 Über „relegatio“ im römischen Recht siehe Th. Mommsen, Römisches
Strafrecht, 1899, 964ff. Es gab eine relegatio in perpetuum (vgl. Tert. de
praescr. c. 30, wo es von Marcion und Valentin heißt: semel et iterum ejecti
. . . novissime in perpetuum discidium relegati) und die schärfste Form der
Relegation war die, meist von ihr unterschiedene, mit Entziehung des Bürger-
rechts und Einziehung des Vermögens verbundene Deportation (vgl. auch
Pauly-Wissowas R. E. d. klass. Altertumswiss. V, 231 ff.). Wo man sich
nicht streng juristisch ausdrückte, sagte man auch relegare für deportare.
Auch die an sich stets auf Lebenszeit verhängte, ja über das Grab hinaus
wirksame deportatio konnte auf dem Gnadenwege durch das „postliminium“
beendigt werden (vgl. Tert. de pud. 15, 2: postliminium ecclesiasticae pacis).
— Karl Adam (Die kirchliche Sündenvergebung nach dem hl. Augustin,
1917, 111) berücksichtigt die Stelle in Apol. 39, versteht sie aber, wie es
scheint, nur von einer zeitweiligen.Ausscheidung der groben Sünder, während
er in seiner Schrift über das Bußedikt Kallists, 1917, 45ff., einen Rigorismus
der afrikanischen Kirche annimmt. Wie ich nachträglich sehe, versteht
Funk unsere Stelle vom „gänzlichen Ausschluß der Pönitenten oder schweren
Verdammnis eher in einem völligen Ausschluß zu liegen als in
einer Bußleistung im Vorhof, die ,,pulsantibus patefacit“ (de paen.
7, 10), die ein „absolvi“ (9, 6; 10, 8), „reconciliari“ (7, 14), „resti-
tui“ (8, 4; 12, 7 u. 9) bewirkt und durch „zeitliche Trübsal“ vor
den „ewigen Strafen“ bewahrt (9, 5; vgl. 12, 2f.: ignis aeterni . . .
judicii perpetuitatem). Darnach wären in Apol. 39 „monstra“
gemeint. Und doch ist es wieder nicht wahrscheinlich, daß Ter-
tullian nur solche widernatürliche Sünden im Auge habe. Viel-
mehr wird er sich seinen Zwecken entsprechend in Apol. 39 über
die Strafe etwas kräftiger und voller, in De paen. über die Wir-
kung der Buße etwas milder und zugleich ungenauer ausdrücken,
als er eigentlich sollte, und so werden dort eben solche Haupt-
sünden gemeint sein, die nach anderwärtigen Anhaltspunkten mit
Ausschluß bestraft worden sein müssen. Die Kirchenbuße in
vestibulo braucht diesen Sündern nicht gerade verweigert worden
zu sein — es müßte denn nur die ursprüngliche kirchliche Übung
noch strenger gewesen sein als die spätere montanistische und
Sünder, die der Montanismus zur Buße in vestibulo (ohne Aussicht
auf den Frieden) zuließ, mit völliger Ausstoßung bestraft haben.
Wie dem sein möge, soviel geht aus Apol. c. 39 auf jeden
Fall hervor, daß auf gewisse Sünden „Relegation“ d. h.
dauernder Ausschluß aus der Gebets- und Sakraments-
gemeinschaft gesetzt war. Denn auf einen dauernden Ver-
lust der pax weist das „summum futuri judicii praejudicium“ un-
bedingt hin1.
1 Über „relegatio“ im römischen Recht siehe Th. Mommsen, Römisches
Strafrecht, 1899, 964ff. Es gab eine relegatio in perpetuum (vgl. Tert. de
praescr. c. 30, wo es von Marcion und Valentin heißt: semel et iterum ejecti
. . . novissime in perpetuum discidium relegati) und die schärfste Form der
Relegation war die, meist von ihr unterschiedene, mit Entziehung des Bürger-
rechts und Einziehung des Vermögens verbundene Deportation (vgl. auch
Pauly-Wissowas R. E. d. klass. Altertumswiss. V, 231 ff.). Wo man sich
nicht streng juristisch ausdrückte, sagte man auch relegare für deportare.
Auch die an sich stets auf Lebenszeit verhängte, ja über das Grab hinaus
wirksame deportatio konnte auf dem Gnadenwege durch das „postliminium“
beendigt werden (vgl. Tert. de pud. 15, 2: postliminium ecclesiasticae pacis).
— Karl Adam (Die kirchliche Sündenvergebung nach dem hl. Augustin,
1917, 111) berücksichtigt die Stelle in Apol. 39, versteht sie aber, wie es
scheint, nur von einer zeitweiligen.Ausscheidung der groben Sünder, während
er in seiner Schrift über das Bußedikt Kallists, 1917, 45ff., einen Rigorismus
der afrikanischen Kirche annimmt. Wie ich nachträglich sehe, versteht
Funk unsere Stelle vom „gänzlichen Ausschluß der Pönitenten oder schweren