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Hugo Koch:
aber noch aus anderem Grunde —jam non christianus1. Also ist
beispielsweise ein im Gefängnis sitzender Mörder kein Christ mehr.
De idol. c. 24 (I, 107) heißt es zum Schluß: Viderimus enim
si secundum arcae typum et corvus et milvus et lupus et canis
et serpens in ecclesia erit. Certe idololatres in arcae typo non
habetur. Nullum animal in idololatren figuratum est. Quod in
arca non fuit, in ecclesia non sit. Götzendiener haben in der
Kirche keine Stätte2.
Somit spricht Tertullian in zwei Schriften, die unbestritten
aus seiner katholischen Zeit stammen, den Götzendienern und
Verbrechern die Zugehörigkeit zur Kirche ab.
De cor. miß c. 11 aber erklärt Tertullian, daß einem christ-
lichen Soldaten nur die Wahl bleibe, entweder seinen Dienst auf-
zugeben oder unter Umständen das Martyrium auf sich zu nehmen.
Auf eine impunitas delictorum (bei götzendienerischen Handlungen)
dürfe er ebensowenig rechnen als auf eine immunitas martyriorum.
Auch eine Berufung auf necessitates sei unzulässig. „Non ad-
mittit status fidei necessitates. Nulla est necessitas delinquendi,
quibus una est necessitas non delinquendi. Nam et ad sacrifi-
candum et directo negandum necessitate quis premitur tormen-
torum sive poenarum, tarnen nec illi necessitati disciplina
conivet, quia potior est necessitas timendae negationis et
obeundi martyrii quam evadendae passionis et implendi officii.
Ceterum subvertit totam substantiam sacramenti causatio ejus-
modi, ut etiam voluntariis delictis fibulam laxet“ (I, 445
Oehler). Wenn Tertullian sagt, daß die kirchliche Disziplin auch
bei einer durch Folterqualen erzwungenen Opferung und Glaubens-
verleugnung auf diese necessitas keine Rücksicht nehme, so kann
das bei ihm nur bedeuten, daß eben der Ausschluß aus der Kirche
als Strafe darauf gesetzt sei. Und wenn er von einer etwaigen
Nachsicht der necessitas gegenüber als üble Folge die Lockerung
der Strenge auch bei freiwilligen Vergehen befürchtet, so geht
daraus hervor, daß damals noch solche „freiwillige Delikte“
1 „Dann ist er ein Abtrünniger oder er wird von uns exkommuniziert1
lautet die Erklärung der Stelle bei Kellner-Esser in der Übersetzung von
1915, 155 A. 3 (Bibi. d. Kirchenväter, Tertullian, 2. Bd.). „Denique de
vestro numero carcer exaestuat, christianus ibi nullus nisi aut reus suae
religionis aut profugus“, sagt der Christ bei Minucius Felix, Oct. 35, 6.
2 Auf Apol. c. 2 und De idol. c. 24 verweist auch Adam (Das Bußedikt
Kallists, 1917, 45) für die Strenge der afrikanischen Kirche.
Hugo Koch:
aber noch aus anderem Grunde —jam non christianus1. Also ist
beispielsweise ein im Gefängnis sitzender Mörder kein Christ mehr.
De idol. c. 24 (I, 107) heißt es zum Schluß: Viderimus enim
si secundum arcae typum et corvus et milvus et lupus et canis
et serpens in ecclesia erit. Certe idololatres in arcae typo non
habetur. Nullum animal in idololatren figuratum est. Quod in
arca non fuit, in ecclesia non sit. Götzendiener haben in der
Kirche keine Stätte2.
Somit spricht Tertullian in zwei Schriften, die unbestritten
aus seiner katholischen Zeit stammen, den Götzendienern und
Verbrechern die Zugehörigkeit zur Kirche ab.
De cor. miß c. 11 aber erklärt Tertullian, daß einem christ-
lichen Soldaten nur die Wahl bleibe, entweder seinen Dienst auf-
zugeben oder unter Umständen das Martyrium auf sich zu nehmen.
Auf eine impunitas delictorum (bei götzendienerischen Handlungen)
dürfe er ebensowenig rechnen als auf eine immunitas martyriorum.
Auch eine Berufung auf necessitates sei unzulässig. „Non ad-
mittit status fidei necessitates. Nulla est necessitas delinquendi,
quibus una est necessitas non delinquendi. Nam et ad sacrifi-
candum et directo negandum necessitate quis premitur tormen-
torum sive poenarum, tarnen nec illi necessitati disciplina
conivet, quia potior est necessitas timendae negationis et
obeundi martyrii quam evadendae passionis et implendi officii.
Ceterum subvertit totam substantiam sacramenti causatio ejus-
modi, ut etiam voluntariis delictis fibulam laxet“ (I, 445
Oehler). Wenn Tertullian sagt, daß die kirchliche Disziplin auch
bei einer durch Folterqualen erzwungenen Opferung und Glaubens-
verleugnung auf diese necessitas keine Rücksicht nehme, so kann
das bei ihm nur bedeuten, daß eben der Ausschluß aus der Kirche
als Strafe darauf gesetzt sei. Und wenn er von einer etwaigen
Nachsicht der necessitas gegenüber als üble Folge die Lockerung
der Strenge auch bei freiwilligen Vergehen befürchtet, so geht
daraus hervor, daß damals noch solche „freiwillige Delikte“
1 „Dann ist er ein Abtrünniger oder er wird von uns exkommuniziert1
lautet die Erklärung der Stelle bei Kellner-Esser in der Übersetzung von
1915, 155 A. 3 (Bibi. d. Kirchenväter, Tertullian, 2. Bd.). „Denique de
vestro numero carcer exaestuat, christianus ibi nullus nisi aut reus suae
religionis aut profugus“, sagt der Christ bei Minucius Felix, Oct. 35, 6.
2 Auf Apol. c. 2 und De idol. c. 24 verweist auch Adam (Das Bußedikt
Kallists, 1917, 45) für die Strenge der afrikanischen Kirche.