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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0045
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Kallist und Tertullian.

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tentiam secundam, quae pulsantibus patefaciat; sed jam semel,
quia jam secundo; sed amplius nunquam, quia proxime
frustra. Non enim hoc seme] satis est ?“ Ich meine hiebei weniger
„die in den Vorhof gesetzte zweite Buße, die den Klopfenden
aufmacht“: bei dem bekannten Schillern tertullianischer Bilder
verlangt diese Wendung nicht gerade, wie Esser (Katholik 1908,
I, 19) meint, einen „sichtbaren Einlaß aus dem Vorhof in das
Innere“, zumal da ja die „ignoscentiae janua“, die — die
kirchliche Vollmitgliedschaft herstellende — Taufe verschlossen
bleibt und das „noch Offenstehende“ nur „etwas“ ist, nämlich
die paenitentia secunda. Aber das „nur noch einmal, weil schon
das zweitemal, und dann nicht wieder, weil das letztemal ver-
gebens“ scheint einen Rückfall nach der Wiederherstellung der
kirchlichen Gemeinschaft im Auge zu haben1. Diese Schwierig-
keit erhebt sich aber, wie wir schon oben gesehen haben, auch gegen
Esser, wenn er, von Tertullians Aussagen in De pud. gedrängt,
bei Götzendienst und Mord eine lebenslängliche Buße mit etwaiger
Vergebung auf dem Todbette annimmt. Esser ist sich dieser
Schwierigkeit nicht bewußt geworden2.
Zu ihrer Behebung bliebe wohl auch ihm nur die „gekünstelte
Erklärung“ Funks (Theol. Quartalsehr., 1906, 548), wonach
Tertullian einen Rückfall während der Bußleistung im Auge hat.
Bei Tertullians Neigung zu scharfer Zuspitzung und Betonung
wird man sich bei dieser Erklärung beruhigen dürfen3. Jedenfalls
ist dieser Stein des Anstoßes klein im Verhältnis zu den Blöcken,
die auf dem andern Wege liegen und ihn geradezu versperren.
Es genügt auch vollständig, wenn die sprachlichen Erwägungen
die Möglichkeit, jene Ausdrücke in De paen. nur von einer
göttlichen Vergebung zu verstehen ,dartun. Zur Notwendigkeit
wird diese Möglichkeit durch die bereits auseinandergesetzten
sachlichen Gründe.

1 So auch de Labriolle, La crise montaniste, 1913, 411.
2 Darum wiederholt er auch in BIvV., Tertullian II, 423 A., seine
Behauptung, daß aus dem „quia proxime frustra“ (De paen. 7, 10) die kirch-
liche Begnadigung hervorgehe.
3 Auch beim Pastor Hermae ist der Sinn der μία μετάνοια der,
daß man nicht die Buße wiederaufgeben und zum früheren sündhaften Leben
zurückkehren dürfe. Vgl. A. Baumeister, Die Ethik des Pastor Hermae,
1912, 53.
 
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