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Hugo Koch:
3. Adam macht (S. 27f.) geltend, daß die vom Erlasse benütz-
ten Gleichnisse vom verlorenen Sohne, dem verlorenen Schafe,
dem verlorenen Groschen, im theologischen Rüstzeuge Kallists
(bei Hippolyt) fehlten, wie umgekehrt der Erlaß von den Beweis-
mitteln Kallists, vom Unkraut unter dem Weizen und von den
unreinen Tieren der Arche, schweige. Nur in der Berufung auf
Röm. 14, 4 („wer bist du, daß du einen andern Knecht richtest ?“)
berührten sich Kallist und das Edikt. Aber der Sinn der Beru-
fung sei nicht bei beiden derselbe. Kallist zitiere die Stelle zu-
gunsten einer milden Handhabung der Sittenzucht im allgemeinen,
die Verteidiger des Erlasses zugunsten des Vergebungsrechtes
gegenüber dem bußfertigen Sünder.
Wie man sieht, hängt dieser Grund mit der andern Frage
zusammen, wem die von Tertullian bekämpfte biblisch-theolo-
gische Begründung des Erlasses angehöre. Wir werden darauf
noch zu sprechen kommen. Hier sei nur soviel erwähnt, daß Adam
selber diese Begründung keineswegs ausschließlich dem Verfasser des
Erlasses zuschreibt, sondern darin auch „die Theologen des Ediktes“,
„die Verteidiger des Ediktes“ (S. 28), „Gegner [Tertullians], die
in eingehender Beweisführung das Edikt zu begründen suchten“,
eine „hinter dem Edikt stehende Partei, als deren Vertreter und
Dolmetsch der Verfasser des Ediktes erscheint“ (S. 36), die „katho-
lische Theologie, die dem Edikt stark vorgearbeitet hatte“ (S. 38),
zu Worte kommen läßt. Das Gleiche ist natürlich auch möglich
und, wie wir nachher sehen werden, sehr wahrscheinlich, wenn
der Erlaß nicht, wie Adam will, von einem karthagischen, sondern
von einem römischen Bischof stammt. Es steht also bei Tertullian
hinter dem theologischen Rüstzeug nicht ebenso eine einzige
Persönlichkeit, wie bei Hippolyt, und darum kann ein Vergleich
der beiden Größen kein zwingendes Ergebnis liefern. Immerhin
spielt bei beiden Röm. 14, 4 eine Rolle. Und mit der Beifügung:
καί δσα προς τοΰτο δυνατός ήν συνάγειν ούτως ήρμήνευσεν, gibt
Hippolyt zu verstehen, daß er die biblischen Belege Kallists
nicht erschöpft habe. Bei der Auswahl aber, die er traf, ist
es begreiflich, daß er die herausgriff, die seinem allgemeineren
und umfassenderen Vorwurf entsprachen, während Tertullian die
näherhin für die Sündenvergebung vorgebrachten Schriftstellen
nachprüfte. Aber auch bei Hippolyt spielte die Sündenvergebung
herein und in Röm. 14, 4 begegnen und kreuzen sich die Gedanken-
gänge.
Hugo Koch:
3. Adam macht (S. 27f.) geltend, daß die vom Erlasse benütz-
ten Gleichnisse vom verlorenen Sohne, dem verlorenen Schafe,
dem verlorenen Groschen, im theologischen Rüstzeuge Kallists
(bei Hippolyt) fehlten, wie umgekehrt der Erlaß von den Beweis-
mitteln Kallists, vom Unkraut unter dem Weizen und von den
unreinen Tieren der Arche, schweige. Nur in der Berufung auf
Röm. 14, 4 („wer bist du, daß du einen andern Knecht richtest ?“)
berührten sich Kallist und das Edikt. Aber der Sinn der Beru-
fung sei nicht bei beiden derselbe. Kallist zitiere die Stelle zu-
gunsten einer milden Handhabung der Sittenzucht im allgemeinen,
die Verteidiger des Erlasses zugunsten des Vergebungsrechtes
gegenüber dem bußfertigen Sünder.
Wie man sieht, hängt dieser Grund mit der andern Frage
zusammen, wem die von Tertullian bekämpfte biblisch-theolo-
gische Begründung des Erlasses angehöre. Wir werden darauf
noch zu sprechen kommen. Hier sei nur soviel erwähnt, daß Adam
selber diese Begründung keineswegs ausschließlich dem Verfasser des
Erlasses zuschreibt, sondern darin auch „die Theologen des Ediktes“,
„die Verteidiger des Ediktes“ (S. 28), „Gegner [Tertullians], die
in eingehender Beweisführung das Edikt zu begründen suchten“,
eine „hinter dem Edikt stehende Partei, als deren Vertreter und
Dolmetsch der Verfasser des Ediktes erscheint“ (S. 36), die „katho-
lische Theologie, die dem Edikt stark vorgearbeitet hatte“ (S. 38),
zu Worte kommen läßt. Das Gleiche ist natürlich auch möglich
und, wie wir nachher sehen werden, sehr wahrscheinlich, wenn
der Erlaß nicht, wie Adam will, von einem karthagischen, sondern
von einem römischen Bischof stammt. Es steht also bei Tertullian
hinter dem theologischen Rüstzeug nicht ebenso eine einzige
Persönlichkeit, wie bei Hippolyt, und darum kann ein Vergleich
der beiden Größen kein zwingendes Ergebnis liefern. Immerhin
spielt bei beiden Röm. 14, 4 eine Rolle. Und mit der Beifügung:
καί δσα προς τοΰτο δυνατός ήν συνάγειν ούτως ήρμήνευσεν, gibt
Hippolyt zu verstehen, daß er die biblischen Belege Kallists
nicht erschöpft habe. Bei der Auswahl aber, die er traf, ist
es begreiflich, daß er die herausgriff, die seinem allgemeineren
und umfassenderen Vorwurf entsprachen, während Tertullian die
näherhin für die Sündenvergebung vorgebrachten Schriftstellen
nachprüfte. Aber auch bei Hippolyt spielte die Sündenvergebung
herein und in Röm. 14, 4 begegnen und kreuzen sich die Gedanken-
gänge.