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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0090
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86

Hugo Koch:

Nun haben wir aber zum genannten Satz eine Parallele in
De bapt. c. 17: ,,dandi (baptismum) habet jus summus sacerdos
qui est episcopus.“ Wenn hier ein Titel „übersetzt“ oder „er-
klärt“ wird, so ist es sicher nicht der zweite (episcopus), den jeder
Christ kannte, sondern der erste (summus sacerdos), der, wie
„pontifex maximus“, damals aus der heidnischen (oder jüdischen)
Sakralsprache in die christliche überzugehen anfing. Daß „epis-
copus“ allgemein bekannt und gebraucht war, wissen wir. Von
„episcopus episcoporum“ wissen wir es nicht und dürfen es nicht
ohne weiteres aus De pud. 1, 6 folgern. In den Ps.-Klementinen
wird Jakobus, der Bruder des Herrn, einmal angeredet als „Herr
und Bischof der Bischöfe, der in Jerusalem die Kirche der Hebräer
und alle nach Gottes Vorsehung überall gegründeten Kirchen
leitet“ (Klemens an Jakobus, Anfang der Hom.)1. Außer dieser
kenne ich aus der vorkonstantinischen Zeit nur noch eine Stelle,
wo der Ausdruck, und zwar in tadelndem Sinne, vorkommt.
Cyprian sagt in seiner Rede zur Eröffnung des karthagischen
Konzils vom September 256: Neque enim quisquam nostrum
episcopum se episcoporum constituit aut tvrannico terrore ad
obsequendi necessitatem collegas suos adigit (Härtel I, 436).
Mögen diese Worte eine Spitze gegen den römischen Bischof
Stephan enthalten haben oder nicht (vgl. Ernst, Cyprian und das
Papsttum, 1912, 81 f.), jedenfalls spenden sie dem, der sich als
„episcopus episcoporum“ aufspielen wollte, kein Lob: der Ober-
bischof sein wollen hieße „tyrannico terrore ad obseqüendi necessi-
tatem collegas suos adigere“, während doch „habeat omnis epis-
copus pro licentia libertatis et potestatis suae arbitrium proprium
tamque judicari ab alio non possit, quam nec ipse possit alterum
judicare.“ So fällt wohl auch von da ein Licht auf De pud. 1, 6
zurück: der Verfasser des „Edikts“ wird in herrischem Tone ge-
sprochen und seinen Amtsgenossen Vorschriften gemacht haben.
Auch Ep. 66, 3 sagt Cyprian zu einem nörgelnden Gegner, einem
Laien: tu qui te episcopum episcopi et judicem judicis constituis.
Davon kann also keine Rede sein, daß der Titel „episcopus
episcoporum“ in Anwendung auf den römischen Bischof zur Zeit
1 Außerdem wird Jakobus genannt „Erzbischof“ (Recogn. 1, 75),
„Haupt der Bischöfe“ (Recogn. 1, 68), „Herr und Bischof der Kirche“ (Petrus
an Jakobus, Anfang der Hom.). Vgl. J. Friedrich, Zur ältesten Geschichte
des Primates in der Kirche, 1879, 48ff.; H. Achelis, Das Christentum in
den ersten drei Jahrhunderten, 1912, I, 237.
 
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