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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0092
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Hugo Koch:

in eine Provinzialhauptstadt. Wer damals vom Pontifex
Maximus las, mußte an den Kaiser in Rom denken, und wem
der Beisatz „quod est. episcopus episcoporum“ zu verstehen gab,
daß nicht der Kaiser gemeint sei, sondern ein als „Oberbischof“
verspotteter christlicher Bischof, dessen Gedanken mußten sich
vom römischen Kaiser auf den römischen Bischof lenken, der
konnte kaum vermuten, daß der Bischof von Karthago gemeint
sein könne. In Verbindung mit Pontifex Maximus ist darum auch
„episcopus episcoporum“ ein Fingerzeig nach Rom. Ich muß
nochmals de bapt. 17 zum Vergleiche heranziehen:
Summus sacerdos qui est episcopus
Pontifex Maximus quod est episcopus episcoporum.
Ohne Zweifel bedeutet der zweite Satz eine höhnische Stei-
gerung gegenüber dem ernsthaft gemeinten ersten. In seiner Tauf-
schrift führt Tertullian die Bezeichnung „summus sacerdos“ aus
der jüdisch-heidnischen Sacralsprache in die christliche Begriffs-
welt ein, und wen er damit meine, sagt das allgemein bekannte
episcopus. Mit Pontifex Maximus ist auch ein Bischof gemeint,
und zwar ein Bischof, von dem bekannt sein mußte, daß er sich
in der Haltung eines „Bischofs der Bischöfe“ gefiel, daß er sich
den übrigen Bischöfen überlegen glaubte. Das war aber seit den
Tagen Viktors der römische Bischof, auf den schon der spöttische
Titel Pontifex Maximus hinweist. „Seine Majestät, der Bischof
der Bischöfe tut kund und zu wissen“ — wer in der Christenheit
hätte bei diesem Spotte an den Bischof von Karthago denken
sollen P
1 Auch Adam sagt S. 16: „Das erklärende Wort darf nun freilich kein
neues Rätsel sein, also ist gewiß, daß das episcopus episcoporum im katho-
lischen Leserkreis bekannt war, mochte daran auch immerhin ein Stäubchen
Ironie haften.“ Aber mit irgend „einem angesehenen katholischen Bischof“,
dessen Persönlichkeit „aus der Situation, nicht aus dem Wortlaute selbst
zu erschließen“ wäre, wird man kaum auskommen. Ein völliges Rätsel
ist das „Pontifex Maximus“ ebensowenig als das „summus sacerdos“. Wie
hier eben nur der Bischof gemeint sein konnte, so mit „Pontifex Maximus“
nur der „Bischof der Bischöfe“ d. h. der Bischof, von dem man wußte, daß
er gerne den Oberbischof spielte. Das „qui est“ oder „quod est“ ist soviel
als ,,id est“ oder „hoc est“, was bei Tertullian und andern Schriftstellern
häufig gebraucht wird, ohne daß es sich um Lösung sonst unlösbarer
Rätsel handelte. Zu beachten ist, daß „summus sacerdos“ nicht ebenso ein
römischer Titel ist wie „pontifex maximus“. Es gab „sacerdotum quattuor
amplissima collegia“ (Monum. Anc. 2, 16), „sacerdotes summorum collegio-
 
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