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Koch, Hugo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 22. Abhandlung): Kallist und Tertullian: ein Beitrag zur Geschichte der altchristlichen Bußstreitigkeiten und des römischen Primats — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37699#0093
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Kallist und Tertullian.

89

Was die leichtspöttische Anrede mit „apostolice" De pud.
21, 5 betrifft, so muß wieder ohne weiteres zugegeben werden, daß
damit an sich auch der Bischof von Karthago gemeint sein könnte.
Dagegen geht Adam zu weit mit der Behauptung: „Soll der
ironische Ton einen Sinn haben, so kann er sich nur auf einen
Bischof beziehen, der sich den Ehrennamen eines apostolicus bei-
legte, ohne tatsächlich ein solcher zu sein" (S. 53).
Dann müßte auch in „episcopus episcoporum" der Spott über
einen Bischof erblickt werden, der sich diesen Titel beilegte,
ohne wirklicher Oberbischof zu sein, was Adam selber nicht an-
nimmt, obwohl er die Bezeichnung auf den Bischof von Karthago
bezieht, und auch nicht annehmen kann, weil dies wieder zur
Voraussetzung hätte, daß es damals einen wirklichen und aner-
kannten „Bischof der Bischöfe" gegeben habe* 1. Es ist Adam
auch nicht gelungen nachzuweisen, daß zu Tertullians Zeiten der
karthagische Bischof auf den Namen eines apostolicus in dem
Sinne Anspruch erhoben hätte, daß damit der unmittelbar apo-
stolische Ursprung der karthagischen Kirche behauptet worden
wäre. Die Legende von der apostolischen Gründung der kartha-
gischen Kirche ist nachweislich erst später aufgekommen und die
Spuren oder Vorboten, die Adam in De virg. vel. 1 u. 2 und De
jejun. 17 entdeckt zu haben glaubt, sind viel zu unbestimmt und
unsicher, als daß sich darauf ein Schluß bauen ließe. Tatsache
ist vielmehr, daß Tertullian an der bereits erörterten Stelle De
praescr. 36 dem Bewußtsein der karthagischen Kirche von ihrer
nicht unmittelbar apostolischen Herkunft Ausdruck gibt. Daß
aber zwischen De praescr. und De virg. vel. eine andere Meinung
aufgekommen wäre und so rasch um sich gegriffen hätte, wie es
rum“ (Suet. Aug. 100), aber ein „summus sacerdos“ tritt nicht auf (vgl.
Paulys RE. d. klass. Altert, s. v. pontifex maximus und sacerdos, und G.
Wissowa, Religion und Kultus der Römer2, 1912, 509ff„ 483ff.). Bei Apu-
lejus Met. XI, 16 wird der Oberpriester der Isisgemeinde von Kenchreä
summus sacerdos genannt (XI, 17: sacerdos maximus, XI, 21 primarius
sacerdos). Dagegen ist pontifex maximus ein allbekannter Titel für eine
Würde, die seit dem Jahre 12 v. Chr. mit dem Kaisertum verknüpft war
und die ohne weiteres nach Rom weist. Bemerkt sei noch, daß auch der
„pater patrum“ des Mithraskultes seinen Sitz in Rom hatte.
1 Adam bleibt sich hierin freilich nicht getreu, wenn er S. 56 schreibt:
„Der angegriffene Bischof war weder episcopus episcoporum noch apostolicus,
allein die öffentliche Meinung hatte ihm diese Titel verliehen oder war wenig-
stens nahe daran, sie ihm zuzueignen.“ Hier ist also die „öffentliche Mei-
nung“ die freigebige Titelspenderin.
 
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