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Hugo Koch:
bei Adams Annahme der Fall gewesen sein müßte, hat geradezu
alle Wahrscheinlichkeit gegen sich und müßte mit ganz anderen
Mitteln bewiesen werden können. Ja wenn sich Tertullian De virg.
vel. 2 gegenüber der einheimischen Tradition auf die griechischen
Kirchen beruft, ,,quas et ipsi apostoli vel apostolici veri condide-
runt et puto ante quosdam“, so ist damit, gerade wie De praescr. 36,
der apostolische Ursprung der griechischen Kirchen dem nicht-
apostolischen Ursprung der afrikanischen Kirchen gegenüber-
gestellt. Auch Adv. Marc. IV, 5 rechnet Tertullian die afrikanische
Kirche nicht zu den apostolischen Kirchen1 *.
Mit ,,apostolice“ hechelt Tertullian einfach einen Gegner, der
sich für das Recht der Sündennachlassung auf den Apostel Petrus
beruft und mit dem Wort,,apostolisch“ um sich wirft. Das braucht
streng genommen nicht einmal ein Bischof zu sein, wie De carne
Chr. c. 2 zeigt. Hier wird Marcion angeredet: si propheta es,
praenuntia aliquid; si apostolus, praedica publice; si apostolicus,
cum apostolis senti, also ähnlich wie es De pud. 21, 5 heißt: exhibe
igitur et nunc mihi, apostolice, prophetica exempla, et agnos-
cam divinitatem, et vindica tibi delictorum ejusmodi remitten-
dorum potestatem. Da es sich aber nach andern Stellen wirklich
um einen Bischof, näherhin um einen römischen Bischof, handelt,
so mag auch der Gedanke der apostolischen Nachfolge mitklingen.
Jedenfalls ist darauf angespielt, daß das Recht der Sündennach-
lassung auf irgendeine Weise von den Aposteln, speziell vom Apostel
Petrus hergeleitet wird.
Der Kundgebung Kallists wurde so wenig wie dem Vorgehen
Viktors gegen die Kleinasiaten eine für die ganze Kirche maß-
gebende Bedeutung beigelegt. Nach Cyprians Bericht (Ep. 55, 21)
wurde früher in Afrika den Fleischessündern die Lossprechung
von den einen Bischöfen verweigert, von den andern gewährt,
ohne daß die kirchliche Einheit darob in die Brüche gegangen
wäre. Kallists Maßregel wurde also nicht sofort allgemein befolgt,
und wo man sich dem Vorgänge des römischen Bischofs anschloß,
1 Esser hält also in seiner Besprechung der Schrift Adams (Theol.
Revue, 1918, 398ff.) diesem mit Recht entgegen, daß Tertullian weder in
seiner katholischen noch in seiner montanistischen Zeit von apostolischen
Ansprüchen der karthagischen Kirche etwas weiß, vielmehr ein vollgültiger
Zeuge dafür ist, daß sie nicht erhoben wurden. Vgl. auch Harnack, Mission3,
1915 I, 456: „In Nordafrika wußte man zur Zeit Tertullians nur, daß die
römische Kirche apostolischen Ursprungs sei, die eigene nicht.“
Hugo Koch:
bei Adams Annahme der Fall gewesen sein müßte, hat geradezu
alle Wahrscheinlichkeit gegen sich und müßte mit ganz anderen
Mitteln bewiesen werden können. Ja wenn sich Tertullian De virg.
vel. 2 gegenüber der einheimischen Tradition auf die griechischen
Kirchen beruft, ,,quas et ipsi apostoli vel apostolici veri condide-
runt et puto ante quosdam“, so ist damit, gerade wie De praescr. 36,
der apostolische Ursprung der griechischen Kirchen dem nicht-
apostolischen Ursprung der afrikanischen Kirchen gegenüber-
gestellt. Auch Adv. Marc. IV, 5 rechnet Tertullian die afrikanische
Kirche nicht zu den apostolischen Kirchen1 *.
Mit ,,apostolice“ hechelt Tertullian einfach einen Gegner, der
sich für das Recht der Sündennachlassung auf den Apostel Petrus
beruft und mit dem Wort,,apostolisch“ um sich wirft. Das braucht
streng genommen nicht einmal ein Bischof zu sein, wie De carne
Chr. c. 2 zeigt. Hier wird Marcion angeredet: si propheta es,
praenuntia aliquid; si apostolus, praedica publice; si apostolicus,
cum apostolis senti, also ähnlich wie es De pud. 21, 5 heißt: exhibe
igitur et nunc mihi, apostolice, prophetica exempla, et agnos-
cam divinitatem, et vindica tibi delictorum ejusmodi remitten-
dorum potestatem. Da es sich aber nach andern Stellen wirklich
um einen Bischof, näherhin um einen römischen Bischof, handelt,
so mag auch der Gedanke der apostolischen Nachfolge mitklingen.
Jedenfalls ist darauf angespielt, daß das Recht der Sündennach-
lassung auf irgendeine Weise von den Aposteln, speziell vom Apostel
Petrus hergeleitet wird.
Der Kundgebung Kallists wurde so wenig wie dem Vorgehen
Viktors gegen die Kleinasiaten eine für die ganze Kirche maß-
gebende Bedeutung beigelegt. Nach Cyprians Bericht (Ep. 55, 21)
wurde früher in Afrika den Fleischessündern die Lossprechung
von den einen Bischöfen verweigert, von den andern gewährt,
ohne daß die kirchliche Einheit darob in die Brüche gegangen
wäre. Kallists Maßregel wurde also nicht sofort allgemein befolgt,
und wo man sich dem Vorgänge des römischen Bischofs anschloß,
1 Esser hält also in seiner Besprechung der Schrift Adams (Theol.
Revue, 1918, 398ff.) diesem mit Recht entgegen, daß Tertullian weder in
seiner katholischen noch in seiner montanistischen Zeit von apostolischen
Ansprüchen der karthagischen Kirche etwas weiß, vielmehr ein vollgültiger
Zeuge dafür ist, daß sie nicht erhoben wurden. Vgl. auch Harnack, Mission3,
1915 I, 456: „In Nordafrika wußte man zur Zeit Tertullians nur, daß die
römische Kirche apostolischen Ursprungs sei, die eigene nicht.“