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Ehrst Lohmeyer:
Noch deutlicher ist ein frommer Wunsch bei Juvenal (Sat. VII,
208 ff):
Di majorum umbris tenuem et sine pondere terram,
spirantesque crocos et in urna perpetuum ver,
qui praeceptorem sancti voluere parentis
esse loco!
So ist die gleiche Vorstellung, mögen nun solche frommen Wünsche
erstarrte Formeln der Pietät oder Bekenntnisse einer lebendigen
Hoffnung sein, auch in der römischen Welt erhalten geblieben.
Wir werden später erkennen, wie sie auf christlichem Boden neu
belebt worden ist1.
3.
Wenn auch die Anschauung von dem Wohlgeruch der Götter
Spuren ihrer ursprünglichen Naturgebundenheit bis in späte Zeiten
bewahrt hat, so hat sie sich doch früh zu selbständiger Bedeutung
entfaltet und ist nach menschlicher Analogie erweitert worden.
Von einer göttlichen Salbe — bisweilen auch von Speise und Trank
der Götter — stammt, so meint man, der Wohlgeruch, der Gottes
Dasein auf Erden enthüllt. Schon Homer weiß von der ambrosi-
schen Salbe, mit der Götter sich salben, und ihrer mythischen
Kraft (Ilr Ξ, 170ff.):
άμβροσίτ) μέν πρώτον από χροός ίμερόεντος
λύματα πάντα κά-Ρηρεν, άλείψατο δε λίπ’ έλα wo
άμβροσίω έδανω, τό ρά οί τε-θοχομένον ή εν ·
του καί κινυμένοιο Δ ιός κατά χαλκοβατές δώ
εμπης ές γαΐά.ν τε καί ουρανόν ικετ’ άυτμή.
Eben daher stammt der Ausdruck ,,ambrosischer Duft“, der in
dem homerischen Demeterhymnus und bei Theognis2 begegnet,
und „ambrosisch“ wird besonders in späterer Zeit stehendes
Epitheton ornans.
Diese gleichsam magische Begründung des Götterduftes hat
dann in der griechischen Mythologie zu einer bedeutsamen Er-
weiterung des Bildes geführt. Wird der Wohlgeruch der Gottheit
auf Menschen übertragen, so werden diese teilhaftig der göttlichen
Kraft. Die Übertragung geschieht einmal durch Salbung oder
Besprengung mit ambrosischem Öle, gelegentlich auch durch
1 S. unten in Abschnitt IV, 2 S. 44.
2 S. oben S. 5.
Ehrst Lohmeyer:
Noch deutlicher ist ein frommer Wunsch bei Juvenal (Sat. VII,
208 ff):
Di majorum umbris tenuem et sine pondere terram,
spirantesque crocos et in urna perpetuum ver,
qui praeceptorem sancti voluere parentis
esse loco!
So ist die gleiche Vorstellung, mögen nun solche frommen Wünsche
erstarrte Formeln der Pietät oder Bekenntnisse einer lebendigen
Hoffnung sein, auch in der römischen Welt erhalten geblieben.
Wir werden später erkennen, wie sie auf christlichem Boden neu
belebt worden ist1.
3.
Wenn auch die Anschauung von dem Wohlgeruch der Götter
Spuren ihrer ursprünglichen Naturgebundenheit bis in späte Zeiten
bewahrt hat, so hat sie sich doch früh zu selbständiger Bedeutung
entfaltet und ist nach menschlicher Analogie erweitert worden.
Von einer göttlichen Salbe — bisweilen auch von Speise und Trank
der Götter — stammt, so meint man, der Wohlgeruch, der Gottes
Dasein auf Erden enthüllt. Schon Homer weiß von der ambrosi-
schen Salbe, mit der Götter sich salben, und ihrer mythischen
Kraft (Ilr Ξ, 170ff.):
άμβροσίτ) μέν πρώτον από χροός ίμερόεντος
λύματα πάντα κά-Ρηρεν, άλείψατο δε λίπ’ έλα wo
άμβροσίω έδανω, τό ρά οί τε-θοχομένον ή εν ·
του καί κινυμένοιο Δ ιός κατά χαλκοβατές δώ
εμπης ές γαΐά.ν τε καί ουρανόν ικετ’ άυτμή.
Eben daher stammt der Ausdruck ,,ambrosischer Duft“, der in
dem homerischen Demeterhymnus und bei Theognis2 begegnet,
und „ambrosisch“ wird besonders in späterer Zeit stehendes
Epitheton ornans.
Diese gleichsam magische Begründung des Götterduftes hat
dann in der griechischen Mythologie zu einer bedeutsamen Er-
weiterung des Bildes geführt. Wird der Wohlgeruch der Gottheit
auf Menschen übertragen, so werden diese teilhaftig der göttlichen
Kraft. Die Übertragung geschieht einmal durch Salbung oder
Besprengung mit ambrosischem Öle, gelegentlich auch durch
1 S. unten in Abschnitt IV, 2 S. 44.
2 S. oben S. 5.