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Lohmeyer, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1919, 9. Abhandlung): Vom goettlichen Wohlgeruch — Heidelberg, 1919

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https://doi.org/10.11588/diglit.37686#0035
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Vom göttlichen Wohlgeruch.

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die von dem künftigen Leben ausschließt, die zum Tode führt.
Klarer als bei Paulus ist hier der Anklang des Gedanken der
Geistessalbung1, und inniger scheint hier Bild und Gehalt ver-
knüpft. Denn mit den Begriffen Leben und Tod und Unvergäng-
lichkeit kehren ursprünglich griechische Vorstellungen wieder
zurück2. Aber auch diese Begriffe sind nur Gleichnisse geistiger
Inhalte; und konnte Paulus noch von der lebendigen Erkenntnis
Gottes sprechen, die durch den Duft symbolisiert sei, so spricht
Ignatius nur mehr von einer ,,Lehre“.
In diesen Umdeutungen des griechischen Symbols durch
jüdisch-christliche Vorstellungen — auch in der Abstraktion der
,,Lehre“ bei Ignatius3 bekundet sich wesentlich jüdischer Geist4
- wird das Einwirken der neuen geistigen Bewegung spürbar, die
unter dem belebenden und verschmelzenden Hauche der urchrist-
lichen Religion jüdische und griechische Anschauungsformen ver-
bindet und durchdringt. Das Resultat dieser Bewegung — im all-
gemeinen eine ,,Hellenisierung des Christentums“ — ist im ein-
zelnen oft verschieden gewesen. Hier ist das sinnenhafte griechi-
sche Bild, aller Sinnlichkeit entkleidet, zu einer blassen Form ge-
worden, in der der lebendige Atem der Frömmigkeit, der sie schuf,
nicht mehr spürbar ist; und der jüdisch-christliche Gehalt hat die
Bildlichkeit des Svmboles nicht wieder belebt, weil er aus anderen
Seelengründen stammt, die nach anderem Ausdruck drängen. Es
ist kein Zufall, daß das Duftsymbol in dieser Deutung in den
späteren christlichen Jahrhunderten nur selten mehr begegenet.
1 Er klingt an in dem Finalsatz ϊνα πνέη τη εκκλησία άφθ-αρσίαν.
Sodann zwingt die offenbare, aber nicht völlig durchgeführte gegensätzliche
Gegenüberstellung von Herr und Teufel, Unvergänglichkeit (genauer müßte
es heißen: Geist oder Lehre der Unvergänglichkeit) und (Geist oder) Lehre
des Todes dazu, hier an die Geistessalbung zu denken. Der Gedanke von der
Geistessalbung und dem Duft ist auch später noch verbunden worden; vgl.
unten S. 41 f.
2 S. auch Harnack, zu Eusebius H. e. IV, 15. 37, in Zeitschrift für
Kirchengeschichte 1878 (2), S. 291 —296.
3 Das Bild vom Duft klingt bei Ignatius, ad Magn. 10, 2 noch einmal an:
ύπέρθεσ-Β-ε ούν την κακήν ζύμην, την παλαιωΦεΐσαν καί ένοξίσασαν, και μεταβάλεσθε
εις νέαν ζύμην, δ έστιν ’Ιησούς Χριστός, άλίσθητε έν αύτω ϊνα μή διαφθαρή τις
έν ύμΐν, έπε'ι άπό τής οσμής διαφ-9-αρή. Die Einfügung άπό τής οσμής ist wohl
durch die allgemeine griechische Vorstellung vom Duft veranlaßt; aber
„Griechisches“ ist nirgends mehr zu spüren.
4 Vgl. auch R. ■Seeberg, Lehrbuch der Dogmengeschichte 2 I, 151 ff.

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