48
Ernst Lohmeyer:
Am lebendigsten ist das Duftsymbol in den Erzählungen, die
vom Leben und Tode der Märtyrer und Heiligen berichten. In
der ersten aller Martyrologien, dem Bericht, den die Gemeinde
zu Smyrna über den Feuertod ihres Bischofs Polykarp an die
Gemeinde zu Philomelion sandte, findet sich die bekannte Stelle
(Mart. Pol. XV, 2):
καί ήν μέσον ούχ ώς σαρξ καιομένη, άλλ’ ώς άρτος όπτώμενος ή ώς
χρυσός καί άργυρος έν καμίνω πυρούμενος. καί γάρ εύωδίας τοσαύτης
άντελαβόμεΤα ώς λιβανωτού πνέοντος ή άλλου τίνος των τιμίων άρωμάτων.
Der Duft, der von dem brennenden Leibe des Confessors aus-
strömt, ist deutlich Zeichen seines auch durch den Feuertod nicht
ausgelöschten Lebens, seiner Unvergänglichkeit und Heiligkeit.
Hier sind in alter Bedeutung die griechischen vertrauten Vor-
stellungen von dem himmlischen Wohlgeruch wieder durch-
gebrochen. Ganz verwandt ist, was von den Märtyrern zu Lyon
berichtet wird (Euseb., Kirchengesch. V, 1,35):
οι μεν γάρ ιλαροί προήεσαν δόξης καί χάριτος πολλής ταΐς οψεσιν
αυτών συγκεκραμένης. τήν εύωδίαν όδωδότες άμα τήν Χρίστου
ώστε ένίους δόξαι καί μύρω κοσμικοί κεχρΐσΤαι αυτούς.
Auch hier gibt sich in dem Dufte Christi die Leben und Tod
überdauernde göttliche Kraft kund; sie ist wie bei Ignatius wesent-
lich eine Kraft der Unvergänglichkeit. Die „Hellenisierung des
Christentum.es“ hat sich auch in diesem Symbol durchgesetzt.
In diesen Zeugnissen ist der Ton angeschlagen, der durch die
Märtyrergeschichten und Heiligenlegenden der späteren Jahr-
hunderte immer wieder hindurchklingt. Ist es in älterer Zeit
— jüdischen Gedanken entsprechend — mehr ein Weihrauchduft,
der Leben1 und Tod der Heiligen umhüllt, so in späterer Zeit mehr
der Duft paradiesischer Blumen, in dem griechische Lebendigkeit
entsinnlicht aufblüht. Schon im 3. Jahrhundert war der Gedanke,
daß beim Tode der Märtyrer ein göttlicher Duft sie umwehe,
so verbreitet, daß Lukian ihn in einer bekannten Satyre verspotten
1 Schon zu Lebzeiten der Heiligen wird von Wohlgeruch außer bei den
erwähnten lugdunensischen Märtyrern auch bei Paulin, Lucian, Alexander
Monachus, Sozomenus, Euagrius gesprochen. Vgl. Lucius, Die Anfänge des
Heili gen Kultes, S. 60 und E. A. Stückelberg im Schweiz. Archiv für
Volkskunde, XXII (1919), S. 203f.
Ernst Lohmeyer:
Am lebendigsten ist das Duftsymbol in den Erzählungen, die
vom Leben und Tode der Märtyrer und Heiligen berichten. In
der ersten aller Martyrologien, dem Bericht, den die Gemeinde
zu Smyrna über den Feuertod ihres Bischofs Polykarp an die
Gemeinde zu Philomelion sandte, findet sich die bekannte Stelle
(Mart. Pol. XV, 2):
καί ήν μέσον ούχ ώς σαρξ καιομένη, άλλ’ ώς άρτος όπτώμενος ή ώς
χρυσός καί άργυρος έν καμίνω πυρούμενος. καί γάρ εύωδίας τοσαύτης
άντελαβόμεΤα ώς λιβανωτού πνέοντος ή άλλου τίνος των τιμίων άρωμάτων.
Der Duft, der von dem brennenden Leibe des Confessors aus-
strömt, ist deutlich Zeichen seines auch durch den Feuertod nicht
ausgelöschten Lebens, seiner Unvergänglichkeit und Heiligkeit.
Hier sind in alter Bedeutung die griechischen vertrauten Vor-
stellungen von dem himmlischen Wohlgeruch wieder durch-
gebrochen. Ganz verwandt ist, was von den Märtyrern zu Lyon
berichtet wird (Euseb., Kirchengesch. V, 1,35):
οι μεν γάρ ιλαροί προήεσαν δόξης καί χάριτος πολλής ταΐς οψεσιν
αυτών συγκεκραμένης. τήν εύωδίαν όδωδότες άμα τήν Χρίστου
ώστε ένίους δόξαι καί μύρω κοσμικοί κεχρΐσΤαι αυτούς.
Auch hier gibt sich in dem Dufte Christi die Leben und Tod
überdauernde göttliche Kraft kund; sie ist wie bei Ignatius wesent-
lich eine Kraft der Unvergänglichkeit. Die „Hellenisierung des
Christentum.es“ hat sich auch in diesem Symbol durchgesetzt.
In diesen Zeugnissen ist der Ton angeschlagen, der durch die
Märtyrergeschichten und Heiligenlegenden der späteren Jahr-
hunderte immer wieder hindurchklingt. Ist es in älterer Zeit
— jüdischen Gedanken entsprechend — mehr ein Weihrauchduft,
der Leben1 und Tod der Heiligen umhüllt, so in späterer Zeit mehr
der Duft paradiesischer Blumen, in dem griechische Lebendigkeit
entsinnlicht aufblüht. Schon im 3. Jahrhundert war der Gedanke,
daß beim Tode der Märtyrer ein göttlicher Duft sie umwehe,
so verbreitet, daß Lukian ihn in einer bekannten Satyre verspotten
1 Schon zu Lebzeiten der Heiligen wird von Wohlgeruch außer bei den
erwähnten lugdunensischen Märtyrern auch bei Paulin, Lucian, Alexander
Monachus, Sozomenus, Euagrius gesprochen. Vgl. Lucius, Die Anfänge des
Heili gen Kultes, S. 60 und E. A. Stückelberg im Schweiz. Archiv für
Volkskunde, XXII (1919), S. 203f.