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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 12. Abhandlung): Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37779#0009
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Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen.

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die sich als Urteil ich empfinde Schmerz, Lust, Kälte, Langeweile
aassprechen läßt, ist kein selbständiges, vorstellungsmäßig abge-
hobenes Element. Ebenso ist bei Impersonalien wie es regnet die
Beziehung auf Ort und Zeit der Äußerung, die den „Urteils
Charakter des Satzes bedingt, nicht notwendig als solche bewußt.
Anders in jetzt regnet es, dort (in der Ferne) regnet es usw.
Eine ähnliche Lage ergibt sich bei den durch die Piecle ge-
schaffenen Situationen, innerhalb derer vorgegebene Personen, Gegen-
stände oder Momente in gleicher Weise ohne ausdrückliche Nennung
oder Abhebung die Beziehung vermitteln.
ln all diesen Fällen werden wir im Einzelsatz oder der Einzel-
äußerung den Träger der Beziehung sprachlich nicht oder nur durch
Pronominalien rein grammatischer Funktion (ich, er, es, die in andern
Sprachen fehlen) ausgedrückt finden. Vorhanden ist die Beziehung
trotzdem, ja, sie bedingt die Äußerung als Akt, ich spreche von
diesem Schmerz-, Lust-, Kältegefühl, weil es mein Erlebnis ist,
wenn ich auch diese Beziehung nicht ausdrücklich vorstelle oder
sprachlich heraushebe; von dem Regen, weil er mich umgibt oder
in meinem Blickfeld niedergeht. Dies gilt in gleicher Weise für
die „dritte Person“ der Erzählung.
Wo indes die Notwendigkeit besteht, den Gegenstand der
Rede gegenüber andern, im Blickfeld verweilenden oder durch den
Zusammenhang der Rede im Bewußtsein aktualisierten Gegenständen
isolierend herauszuheben, wird eine nähere Umschreibung des Gegen-
standes, auf den sich die identische Beziehung richtet, durch sprach-
liche Mittel erfolgen müssen. Vielfach genügt hierfür die einfache
Demonstration; sie kann, wie wir sahen, durch Namhaftmachen
sachlicher Merkmale unterstützt werden, und schließlich kann die
Sachbenennung auch für sich allein der Umschreibung des Gegen-
standes dienen, wenn nur ein einziges Exemplar in Frage kommt
(von allgemeinen Begriffen als interessierenden Gegenständen der
Äußerung sehen wir zunächst ab); unser das Haus zeigt schon in der
Betonung, daß das in der Reihenfolge der Teile noch festgehaltene
ursprüngliche Verhältnis zwischen primärer Demonstration und sekun-
därer sachlicher Bestimmung sich zu Gunsten der letzteren verschoben
hat, und das Latein behilft sich in solchen Fällen überhaupt ohne
demonstrative Elemente oder deutet durch ein nachgesetztes Ule an,
daß es sich um einen bereits bekannten Gegenstand handelt.
In solchen Fällen fungieren die Appellative sozusagen okka-
sionell als Eigennamen, und im Eigennamen haben wir das der
 
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