Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen.
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wollens (wobei meine Person, wie bei der Interjektion, selbst als
Beziehungspunkt fungiert) unschwer unterordnen.
Somit vermöchte der Begriff der Mitteilung alle nur denkbaren
sprachlichen Formen zu umfassen -- wenn er nur eben dazu an-
getan wäre, das Wesen dessen zu erschöpfen, was wir als den
Zweck des Sprechens bezeichnen. Ihm diese Rolle zuzuschreiben,
hindert uns — angesichts der Erkenntnis, daß eine Mitteilung ohne
Thema und ein Thema ohne eindeutig darauf gerichtetes Interesse
nicht zu denken ist — das unzweifelhaft nachgewiesene Vorhanden-
sein von Äußerungen, die kein Thema in diesem Sinn haben, die
nicht auf ein bestimmt gerichtetes, im weitesten Sinne praktisches
Interesse reflektieren, nicht von einem bekannten Gegenstand etwas
neues, belangreiches aussagen: die Dichtung geht als solche nicht
in die Begriffsbestimmung des Sprechens als Mitteilung ein, und
mit ihr fällt der ganze Bereich des rein schöpferischen Gebrauchs
der Sprache außerhalb des Rahmens der „Mitteilung“. Für diesen
Gebrauch gilt es nunmehr die Wurzel in unserem Willenslehen
aufzuspüren, da das einfache, in den sozialen Zusammenhängen
gegründete Verlangen, das gegenständlich gerichtete Interesse des
Hörers zu befriedigen, hierfür nicht genügt.
Sprache als Selbstmitteilung und Erlebnisgestaltung.
Von der Absicht der Mitteilung, die ein eindeutig gerichtetes
Interesse an ihrem Gegenstand voraussetzt, unterscheiden wir den
Drang uns mitzuteilen, andere an unserem Erleben unmittelbar
Anteil nehmen zu lassen, indem wir dieses Erleben sprachlich ge-
stalten. Es bedarf hier wohl kaum der Beispiele. Wer es je er-
lebt bat, sich, erfüllt von einem Eindruck, nicht aussprechen zu
können, weiß, was gemeint ist; das Sprichwort von geteiltem
Schmerz und geteilter Freude weist in der gleichen Richtung.
Hier handelt es sich nicht darum, daß der andere wisse, es sei
uns dies oder jenes geschehen, um daraus Folgerungen zu ziehen
für sein Handeln, für sein praktisches Verhalten gegen uns oder
den Gegenstand der Äußerung; ebensowenig ist an irgendwelche
theoretischen Konsequenzen zu denken. Der prospektive Charakter,,
der der Mitteilung innewohnt und sie zum Mittel eines über sie
hinaus weisenden Zweckes stempelt, fehlt der Selbstmitteilung in
ihrer reinen Form völlig: sie ist schlechthin Selbstzweck. Obwohl
aufgebaut aus denselben sprachlichen Elementen, die auch als Be-
standteile allgemeingültiger Urteilssynthesen fungieren, gibt sich die
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wollens (wobei meine Person, wie bei der Interjektion, selbst als
Beziehungspunkt fungiert) unschwer unterordnen.
Somit vermöchte der Begriff der Mitteilung alle nur denkbaren
sprachlichen Formen zu umfassen -- wenn er nur eben dazu an-
getan wäre, das Wesen dessen zu erschöpfen, was wir als den
Zweck des Sprechens bezeichnen. Ihm diese Rolle zuzuschreiben,
hindert uns — angesichts der Erkenntnis, daß eine Mitteilung ohne
Thema und ein Thema ohne eindeutig darauf gerichtetes Interesse
nicht zu denken ist — das unzweifelhaft nachgewiesene Vorhanden-
sein von Äußerungen, die kein Thema in diesem Sinn haben, die
nicht auf ein bestimmt gerichtetes, im weitesten Sinne praktisches
Interesse reflektieren, nicht von einem bekannten Gegenstand etwas
neues, belangreiches aussagen: die Dichtung geht als solche nicht
in die Begriffsbestimmung des Sprechens als Mitteilung ein, und
mit ihr fällt der ganze Bereich des rein schöpferischen Gebrauchs
der Sprache außerhalb des Rahmens der „Mitteilung“. Für diesen
Gebrauch gilt es nunmehr die Wurzel in unserem Willenslehen
aufzuspüren, da das einfache, in den sozialen Zusammenhängen
gegründete Verlangen, das gegenständlich gerichtete Interesse des
Hörers zu befriedigen, hierfür nicht genügt.
Sprache als Selbstmitteilung und Erlebnisgestaltung.
Von der Absicht der Mitteilung, die ein eindeutig gerichtetes
Interesse an ihrem Gegenstand voraussetzt, unterscheiden wir den
Drang uns mitzuteilen, andere an unserem Erleben unmittelbar
Anteil nehmen zu lassen, indem wir dieses Erleben sprachlich ge-
stalten. Es bedarf hier wohl kaum der Beispiele. Wer es je er-
lebt bat, sich, erfüllt von einem Eindruck, nicht aussprechen zu
können, weiß, was gemeint ist; das Sprichwort von geteiltem
Schmerz und geteilter Freude weist in der gleichen Richtung.
Hier handelt es sich nicht darum, daß der andere wisse, es sei
uns dies oder jenes geschehen, um daraus Folgerungen zu ziehen
für sein Handeln, für sein praktisches Verhalten gegen uns oder
den Gegenstand der Äußerung; ebensowenig ist an irgendwelche
theoretischen Konsequenzen zu denken. Der prospektive Charakter,,
der der Mitteilung innewohnt und sie zum Mittel eines über sie
hinaus weisenden Zweckes stempelt, fehlt der Selbstmitteilung in
ihrer reinen Form völlig: sie ist schlechthin Selbstzweck. Obwohl
aufgebaut aus denselben sprachlichen Elementen, die auch als Be-
standteile allgemeingültiger Urteilssynthesen fungieren, gibt sich die