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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1920, 12. Abhandlung): Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen — Heidelberg, 1920

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https://doi.org/10.11588/diglit.37779#0017
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Vom doppelten Sinn der sprachlichen Formen.

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sprachlich nicht ausgedrücktes, gemeinsames und ein für den Hörer
neues Element, in psychologisches Subjekt und psychologisches
Prädikat, so ist bei der rein inhaltlich interessierenden Äußerung
die gleiche Scheidung nicht durchzuführen, oder sie erhält einen
ganz neuen Sinn. Auch für das freie Spiel der Vorstellungen gelten
ja gewisse Gesetze der Folge; auch in ihm werden wir gewisse
typische Ausgangspunkte erkennen können: Ausgangspunkte, die
aber nicht durch die Identität der Beziehung, sondern durch die
Individualität oder Stärke des Lebensgehaltes ausgezeichnet sind.
Davon wird später zu reden sein.
Das Verhältnis von Äußerung — als Selbstmitteilung — und
Gestaltung kann hier nicht in seiner ganzen Breite erörtert werden.
Die Untersuchung würde uns tief in die ästhetischen Fragen hinein-
führen. Ein „Gestalten“ liegt aber nicht nur im Kunstwerk vor,
auch primitive und primitivste Formen des Ausdrucks, wie die
interjektionalen, lassen sich als „Gestaltungen“ des Erlebnisses
werten, insofern in ihnen das Erlebnis eine Art selbständigen
Lebens gewinnt. Die Geringfügigkeit des Aufwands an sprachlichem
Material wird hier durch den unendlichen Reichtum der durch die
Betonung und Klangfarbe ermöglichten Variationen ausgeglichen;
und es ist kein Zweifel, daß ein einziges ach oder o uns mehr „sagen“
kann, als eine ganze Geschichte, sodaß es, mit seinem besonderen
Ton, als höchst individuell gestalteter Ausdruck in uns fortlebt.
Von hier führt der AVeg, wie man leicht sieht, weiter zu den musi-
kalischen Ausdrucksformen; von ihnen aus fällt erst das rechte
Licht auf das eben Gesagte. In ihrer völligen Losgelöstheit vom
praktischen Interesse an den erlebnismäßigen Voraussetzungen, wie
vom theoretischen an der Gültigkeit irgendwelcher sachlicher Be-
ziehungen stellen die musikalischen Formen ein Extrem dar, das
im eigentlich Sprachlichen nie rein verwirklicht wird: ein ach, o,
ei kann immer auch eine praktisch relevante Stellungnahme be-
deuten, kann die Mitteilung enthalten: Ich N. N. wundere mich,
bin enttäuscht, entzückt über die mir eben mitgeteiltc konkrete Tat-
sache; kann also einem thematisch fundierten Satz gleichstehen.
Andererseits sind aber auch die gegenständlich interessierenden
Äußerungen vom Drang zur Gestaltung durchsetzt und belebt. Eine
geschickte Erzählung bietet, abgesehen von dem gegenständlichen
Interesse, das sie nur für den mit dem Thema vertrauten Hörer
hat, noch ein inhaltliches Interesse, das sie auch für den praktisch
unbeteiligten Hörer fesselnd macht. Der Übergang vom ästhetischen
Sitzungsberichte der Heidelb. Akademie, phil.-hist Kl. 1920. 12. Abh.

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