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Gerhard Ritter:

stände. Soweit sich bis heute übersehen läßt, darf man sie geradezu
als die stattlichste aller uns bekannten gelehrten Privatbibliotheken
in dem Deutschland des 14. Jahrhunderts bezeichnen. Zusammen mit
der reichen Stiftung Konrads vonGelnhausen bildete sie den ältesten
Grundstock der aufblühenden jungen Universitätsbibliothek. Alle
Fakultäten finden sich in ihr vereinigt; am stärksten indessen ist
die Theologie vertreten. Dabei überwiegen keineswegs, wie sonst
in diesen ältesten Bücherverzeichnissen der Heidelberger Bibliothek,
die Bibelkommentare und praktischen Handbücher; die Haupt-
rolle spielt vielmehr die Systematik: die meisten der Sentenzen-
kommentare und verwandten Werke, die wir von ihm zitiert finden,
erscheinen auch hier: von den älteren wie Thomas von Aquino,
Petrus de Tharentasia und Heinrich von Gent bis zu den Okka-
misten und Neu-Augustinern: Robert Holkot, Gregor von Rimini,
Thomas von Straßburg. Auch Thomisten wie Herveus Natalis
sind vertreten. Nicht genannt wird Egidius Romanus, der sonst
so beliebte; noch auffallender ist das völlige Fehlen der Original-
schriften Okkams! Im übrigen finden wir Schriften der älteren
Mystiker, wie Bernhard, Richard von St. Victor und ein excerptum
de Dyonisio (Areopagita?); verhältnismäßig wenig von den alten
Kirchenvätern, die sonst das Gros theologischer Bibliotheken aus-
machen; Augustin aber ist — wie zu erwarten — mit mehreren
Schriften vertreten. Unter den Neueren treffen wir die Pariser
Bekannten wieder: Heinrich von Langenstein und Oyta, von eigenen
Schriften des Marsilius den großen Sentenzenkommentar in zwei
Bänden, der noch 1461 sich vorfand, eine Einleitungsvorlesung dazu
und ein jetzt verlorenes Kollegheft über das Buch Daniel, dagegen
nicht die 1461 und noch heute erhaltene Vorlesung über Matthäus1.
Einige juristische und medizinische Handbücher sind wohl nur als
Nebensache aufzufassen; um so interessanter ist die Angabe, daß
er seinen Vorlesungen in Metaphysik, Ethik, Naturwissenschaften
und Logik einen aristotelischen Originaltext, also nicht moderne
Bearbeiter zugrunde zu legen pflegte2. Buridan ist in allen diesen
Fächern vertreten; daneben am stärksten Albert der Große,
Thomas und Walther Burleigh; Albert von Sachsen wird merk-
würdigerweise nicht genannt, wohl aber Nikolaus von Oresme und
Avicenna. Auch mathematische und astrologische Schriften, Tafeln
1 God. Heid. 358, 47, Bl. 3V, 6V; Cod. Pal. Lat. Vatik. nr. 142 (Ste-
venson I).
2 Toepke I, p. 681 ff., nr. 466, 472, 508, 590.
 
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