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Gradenwitz, Otto [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1921, 6. Abhandlung): Akten über Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892 — Heidelberg, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.37796#0021
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Bismarcks großdeutsche Rundfahrt vom Jahre 1892.

21*

Prinz Reuß hatte es noch nicht einmal in der Meldung von dem
Refus miterwähnt. (Nr. 15.23.) Wenn man im Auswärtigen Amt ver-
mutete, daß Fürst Rismarck durch die Rotschaft nachsuchen werde,
so war es das Gegebene, den Rotschafter zu instruieren, daß er
das Nachsuchen nicht weitergebe; wenn dies an Rismarck ein-
tretendenfalls notifiziert ward, so hatte man — freilich nur theo-
retisch — mit der Möglichkeit zu rechnen, daß Bismarck nunmehr
direkt nachsuchte: eine neue Instruktion an Reuß konnte, nach-
dem man denVersuch einer Beeinflussung abgeleugnet, nicht weiter
gehen, als daß er das Transmissoriale verweigere und allenfalls, daß
dies geschehen, dem Minister mitteile; sie konnte doch kaum einVer-
bot für den Fürsten enthalten, eine Audienz selbständig nachzu-
suchen, und keineswegs den Botschafter anweisen, daß er dem Mini-
ster den Wunsch übermittele, direktem Nachsuchen nicht zu will-
fahren. Ist dem so, dann hatte die Einwirkung auf den Kaiser Franz
Joseph den Zweck, eine direkte Audienzerteilung via Großkreuz oder
großer Mann zu konterkarieren, und ferner den Zweck, auf ein
Nachsuchen durch die Botschaft antworten zu können, man sei
im Besitze der Nachricht, Kaiser Franz Joseph werde den Fürsten
nicht empfangen. Bei dieser Gelegenheit konnte man dem Fürsten
die Gravamina, die man gegen ihn hatte, in der Form einer Dar-
legung der Motive des Kaisers Franz Joseph insinuieren, und dazu
war man seit dem 17., an dem die Antwort dieses Monarchen in
Berlin war, in der Lage. Wahrscheinlich hatte man darauf gerech-
net, daß Fürst Bismarck erst nach Ankunft in Wien sich zur Audienz
melden werde und wollte den Botschafter erst nach Eingang des
Kaiserlichen Antwortschreibens instruieren: aber kaum war dies
Schreiben Franz Josephs einpassiert, so kam auch schon Herr
v. Schießl, der in Berlin österreichisch-ungarischer Geschäftsträger
war, und übergab die abweisende Antwort des Grafen Kälnoky
auf Bismarcks, durch den Prinzen vermitteltes Nachsuchen. Be-
greiflicherweise ließ man den Ärger über die Unterlassung, die
man dadurch begangen, daß man den Prinzen nicht instruiert
hatte, wie er sich einem Nachsuchen gegenüber verhalten solle,
am Prinzen aus und revanchierte sich bei dieser Gelegenheit un-
bewußt für die Spitzen, mit denen Prinz Reuß auf seine Instruktion
reagiert hatte. (Nr. 23.)1 Der scharfe Tadel ging zwar nicht durch die
1 Man darf es wohl aussprechen: dieser Erlaß hat keineswegs (was
Mommsen an Caesar rühmt) „durchaus vermieden, den militärischen
Kommandoton auf die Politik zu übertragen.“
 
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