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Meister, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1924/25, 3. Abhandlung): Die Hausschwelle in Sprache und Religion der Römer — Heidelberg, 1925

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https://doi.org/10.11588/diglit.38945#0017
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Die Hausschwelle.

17

Cicero pro Cluent. 15 und wohl auch Catull 66, 17 anspielen,
daß die Neuvermählte die Schwelle betrete. Ähnlich singt der
Chor, der mit Catulls Hochzeitslied (61, 166) einen vornehmen
Brautzug begleitet:
Transfer omine cum bono
limen aureolos pedes,
rassilemque subi forem.
Io Hymen Hymenaee io,
Io Hymen Hymenaee.
Freilich ist die Übereinstimmung mit Plautus insofern nicht
vollkommen, als bei diesem die Schwelle des Hochzeitshauses,
das die Braut verläßt, bei Catull, Plutarch (Varro und Lucan?) die
des Hauses, das die Neuvermählten aufnehmen soll, bei Cicero
die Schwelle des Brautgemachs (Ihnen cubiculi) gemeint ist. Ferner
weichen unsere Zeugnisse darin voneinander ab, daß nach Plutarch
die Braut von den Begleitenden über die Schwelle gehoben wird,
während sie bei Plautus selbst den entscheidungsvollen Schritt
tut, wie auch die anderen Zeugen nur von einem Nichtberühren
der Schwelle reden. Wie diese Unstimmigkeiten sich erklären,
kann hier dahingestellt bleiben: In jedem Fall bedeutet super
limen 'über die Schwelle’.
Die Rolle, die die Schwelle im Hochzeitsritus spielt, ist merk-
würdig; noch merkwürdiger ist es, daß auch bei anderen Gelegen-
heiten Wendungen wie super limen ferre so oft gebraucht wurden,
daß sie noch im verschrumpften Zustand (als sublimen ferre usw.)
von Mund zu Mund weiter gegeben wurden. Um dies zu er-
klären, ist es nötig, darzulegen, welche Bedeutung die Schwelle
in Sprache, Recht und Glauben der Römer gehabt hat.

6. Die Schwelle in Sprache und Glauben der Römer.
Wir finden die Schwelle im republikanischen Latein oft da
genannt, wo andere Sprachen sich mit einem einfachen Ausdruck
für 'hinein, hinaus’ begnügen. In der Cistellaria 650 will der
Jüngling sagen 'ich will das Mädchen ins Haus tragen’; das
drückt er mit den Worten aus hanc ego tetulero intra limen. Die
Aufforderung, im Haus zu bleiben und auf ein Zeichen zum
Heraustreten zu warten, wird Mo. 1064 in die Worte gekleidet:
llico intra limen isti astate ut cum extemplo vocem continuo exiliatis;
Sitzungsberichte der I-Ieidelb. Akademie, phil.-hist. Kl. 1924/25. 3. Abh.

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